Berlusconi singt:Liebesklagen in Moll

Die CD des italienischen Premiers trieft vor Traurigkeit. Das ganze Land fragt sich nun, ob es echter Herzschmerz ist: Ehefrau Veronica lässt sich nämlich seit Monaten nicht mehr an seiner Seite blicken.

Von Christiane Kohl

(SZ vom 5.11.2003) Das Eheleben ist nicht einfach, auch unter illustren Menschen nicht. Davon weiß, im Wortsinne, Italiens Ministerpräsident Silvio Berlusconi ein Lied zu singen. Gemeinsam mit seinem Hausbarden, dem Neapolitaner Mariano Apicella, hat er jetzt eine Musik-CD produziert, in der es nur so trieft vor Traurigkeit. "Ohne dich, ohne dich ist der Tag leer", heißt es da, an anderer Stelle klagt der amtierende Ratspräsident der EU wie ein x-beliebiger abgewiesener Latin Lover: "Ich hab' dich so gerne, aber du lässt mich leiden."

Seit Monaten nicht mehr an seiner Seite

Ist es echter Herzschmerz, der den Premier zum Schreiben solcher Verse trieb? Plagt ihn gar eheliche Liebespein? In den römischen Bars werden solche Fragen erörtert. Denn immerhin, so vermerken Italiens Zeitungen aufmerksam, hat sich Berlusconis Gattin, die schöne Veronica Lario, seit vielen Monaten nicht mehr öffentlich an seiner Seite gezeigt. Möglich aber auch, dass sich Berlusconi, der Meister des schlichten Wortes und einstige Gesangsinterpret auf hoher See, nur in der Disziplin des neapolitanischen Liedes üben wollte, jener Spezialität der italienischen Musikkultur. Die 14 Liebeslieder, die als CD herauskamen, hat der Regierungschef jedenfalls persönlich getextet. Indes komponierte der Hausbarde Apicella die schwermütige Tonfolge dazu.

Liebesklage in Moll

Herausgekommen ist eine Präsentation in Moll, wie der Premier sie sich in seinem politischen Auftreten sicher nie erlauben würde: "Ohne dich" klagt er im Refrain der Weisen, deren Grundthema die Eifersucht ist. Und so heißt das traurigste aller Lieder denn auch "A Gelosia" (neapolitanisch: die Eifersucht) - ein Text, von dem nach den Worten des Sängers Apicella verbürgt scheint, dass er autobiografisch ist: Das Lied habe Berlusconi ausdrücklich "seiner Ehefrau gewidmet", verriet der Barde in einem Interview. Da mag man sich ein 'Ach Veronica' denken, wenn es da heißt: "Ich rufe dich, aber du antwortest nicht", oder: "Ich bitte dich, aber du willst nicht".

Gerüchte über ein Verhältnis

Schon vor einem Jahr hatte Berlusconi erstmals öffentlich Eifersucht aufflammen lassen. Nach einer Pressekonferenz mit dem dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen hatte er gesagt, der Däne sei wohl "der schönste Ministerpräsident Europas", weshalb er ihn unbedingt seiner Frau vorstellen müsse. Sprach's und fügte sinnierend hinzu: "Arme Frau" - bei allem, was über sie erzählt werde. Damals war der schönen Veronica ein Verhältnis mit dem einstigen venezianischen Bürgermeister und Philosophen Massimo Cacciari nachgesagt worden, der "solch einen Quatsch" prompt dementierte. Veronica Lario hüllte sich lange in Schweigen, erst vor einigen Monaten berichtete sie, ihre Tochter habe sich bei Cacciari eingeschrieben, der in Mailand Philosophie lehrt: "Das ist doch eine ideale Situation", meinte sie sibyllinisch zu einem Interviewer.

Getrennte Villen

Überhaupt die Interviews. Jahrelang lebte Veronica Lario völlig zurückgezogen mit den drei Kindern in der bei Mailand gelegenen Prachtvilla Macherio, während ihr Gatte Silvio in seiner einige Kilometer entfernten Arbeitsvilla San Martino in Arcore am Schreibtisch saß. Sie fuhr nicht mit ihm in Urlaub, wenn er sich mit seinen Männerfreunden in der Villa auf Sardinien amüsierte, sie ließ ihn stets als Premier allein präsidieren. Und sie sprach nie mit Journalisten. Doch neuerdings geht die einstige Schauspielerin häufiger ins Theater, weshalb es mitunter Journalisten gelingt, ihr Fragen zu stellen. Was herauskommt, kann dem Gatten eigentlich nicht gefallen.

Eine Frau mit einer anderen Meinung

Persönlich treffe sie Berlusconi "sehr selten", gestand Veronica Lario im Sommer: "Manchmal passiert es, dass ich ihn im Fernsehen sehe." Einer Meinung mit dem Gatten scheint sie immer seltener zu sein. So äußerte sie sich im Frühjahr nicht nur explizit gegen den Golfkrieg, sie hieß sogar die Demonstrationen dagegen gut. Kürzlich verwahrte sie sich auch dagegen, dass ein Stück des italienischen Theaterspaßmachers Dario Fo zensiert werden könnte, eine Satire über den Medienmogul und Ministerpräsidenten Berlusconi. Zensur, so meinte die Gattin sei "eine schreckliche, hassenswerte und immer unakzeptable Sache".

Einst hatte Berlusconi die streitbare Dame in einem Theater kennen gelernt, in dem sie als Schauspielerin rezitierte. Er verliebte sich vom Fleck weg in die Schöne. Dieser Tage grub die Zeitung la Repubblica den Titel des Stückes wieder aus: "Der prachtvolle Gehörnte".

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