Berliner Ensemble:Ex-Terrorist Klar sagt Praktikum ab

Angst vor "sensationslüsterner Berichterstattung": Christian Klar tritt sein Theater-Praktikum beim Berliner Ensemble doch nicht an.

Ex-Terrorist Christian Klar macht nun doch kein Praktikum beim Berliner Ensemble. Das teilte das Theater am Schiffbauerdamm am Freitag mit. "Christian Klar wird die ihm 2004 angebotene Möglichkeit, nach seiner Haftentlassung als unbezahlter Praktikant am Berliner Ensemble zu arbeiten, nicht wahrnehmen."

Berliner Ensemble: Christian Klar macht nun doch kein Praktikum am Theater (Archivfoto von 1992).

Christian Klar macht nun doch kein Praktikum am Theater (Archivfoto von 1992).

(Foto: Foto: dpa)

Zur Begründung hieß es, Klar befürchte wegen der "sensationslüsternen Berichterstattung" einiger Medien und der "anhaltenden Belagerung des BE durch Paparazzi" Schaden für das Theater, dessen Intendanten Claus Peymann und sich selbst.

"Das angestrebte Leben in Normalität nach 26-jähriger Haft scheint unter diesen Umständen nicht möglich", hieß es weiter. Dann wird die Mitteilung fast ein wenig poetisch: "Die in Lessings Theaterstück 'Nathan der Weise' postulierte Idee von Vergebung und Verzeihen bleibt offenbar ein Traum."

Die B. Z. hatte am Freitag auf der Titelseite ein Foto veröffentlicht, das Klar vor dem Theater zeigt. Das Theater am Schiffbauerdamm, einstige Bühne Bertolt Brechts, gehört zu den wichtigsten Bühnen der Hauptstadt.

Der 56-Jährige war am 19. Dezember nach 26 Jahren aus dem Gefängnis in Bruchsal bei Karlsruhe nach Ablauf seiner Mindesthaftzeit auf Bewährung entlassen worden. Klar gehörte zu den zentralen Figuren der zweiten RAF-Generation: Klar war zwischen 1977 und seiner Verhaftung im November 1982 an fast allen Aktionen der Rote Armee Fraktion (RAF) beteiligt.

Klar gilt heute nach Überzeugung von Gutachtern und Bundesanwaltschaft nicht mehr als gefährlich, stand aber in der Kritik, weil er seine Taten nicht öffentlich bereute. Klar saß seit 1985 - und damit länger als jedes andere RAF-Mitglied - wegen neunfachen Mordes im Gefängnis. 1992 kam eine weitere Verurteilung hinzu. Bundespräsident Horst Köhler lehnte 2007 ein Gnadengesuch ab.

Intendant Peymann hatte eine Bewerbung Klars schon seit mehreren Jahren vorliegen. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte sich gegen die Hospitanz ausgesprochen. Der Betriebsrat des Ensembles betonte kürzlich im Stadtmagazin Zitty, Klar solle bei dem geplanten Praktikum weder auf der Bühne stehen noch Kontakt zu den Zuschauern haben.

Bereits im Dezember hatte Klars Anwalt Heinz-Jürgen Schneider Spekulationen zurückgewiesen, wonach Klar plane, nach seiner Haftentlassung durch Talkshows zu tingeln. Er habe auf keinen Fall vor, "in Talkshows aufzutreten", so der Anwalt.

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