Berlin:Schüsse in der Klinik

Ein Patient läuft ins Krankenhaus, erschießt einen Arzt und sich selbst. Offenbar war der Täter schwer krank.

Von Christina Berndt, München/Berlin

Im Klinikum Benjamin Franklin in Berlin-Steglitz hat am Dienstag ein Mann auf einen Arzt geschossen und sich danach selbst getötet. Der Mediziner starb kurze Zeit später trotz intensivmedizinischer Notfallbehandlung an seinen Schussverletzungen. Die Schüsse fielen der Berliner Polizei zufolge gegen 13 Uhr in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Klinikums Benjamin Franklin, das zum Universitätsklinikum Charité gehört. Bei dem Arzt handelte es sich um einen 55-jährigen Kieferorthopäden, wie die Polizei mitteilte; der Täter sei ein 72-jähriger schwerkranker Deutscher gewesen; über die Art seiner Erkrankung und das mögliche Motiv der Tat wollte sich die Klinik mit Verweis auf die ärztliche Schweigepflicht nicht äußern. "Es war wohl weniger Rache als Verzweiflung", sagte der Ärztliche Direktor der Charité, Ulrich Frei, und verwies darauf, dass der getötete Arzt ein ausgewiesener Spezialist für Krebserkrankungen im Mund-Rachen-Raum gewesen sei. Der Klinik zufolge war der 72-jährige Täter schon lange bei dem getöteten Kieferorthopäden in Behandlung. Er war auch am Montag bereits in der Ambulanz des Klinikums vorstellig geworden und hatte nach dem Arzt gefragt, den er aber nicht angetroffen hatte. Am Dienstag sei der Mann dann erneut gekommen. Beim Betreten des Behandlungszimmers habe er ohne Ansprache sofort das Feuer auf den Arzt eröffnet. Nachdem er mehrere Schüsse auf den Vater zweier minderjähriger Kinder abgegeben hatte, tötete er sich selbst.

Die Polizei war nach Angaben einer Sprecherin gegen 13 Uhr durch einen Anruf aus der Klinik verständigt worden. Ein Spezialeinsatzkommando (SEK) suchte das Gebäude ab, um auszuschließen, dass sich weitere "Personen mit Gefährdungspotenzial" dort aufhielten. Um 14.15 Uhr teilte die Polizei über Twitter mit, dass sich die Situation beruhigt habe: "Lage am Campus Benjamin Franklin in Steglitz ist unter Kontrolle. Unsere Kolleg. sind vor Ort. Es besteht zur Zeit keine Gefahr."

Ein Krankenhausmitarbeiter berichtete, dass die Klinikleitung alle Angestellten per Mail über Schüsse informiert hatte. Sie wurden aufgefordert, in ihren Räumen zu bleiben und die Türen zu verriegeln. Später sollten die Mitarbeiter das Gebäude verlassen, konnten aber bald darauf wieder an ihren Arbeitsplatz zurückkehren.

Berlins Wissenschaftssenatorin und Charité-Aufsichtsratschefin Sandra Scheeres (SPD) äußerte sich schockiert zum Tod des Arztes: "Er wurde im Dienst erschossen", sagte sie, "an einem Ort, an dem tagtäglich Menschenleben gerettet werden."

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