Berlin:Erst Lüftung, dann Luft

Vier Gefangene aus Gefängnis Plötzensee geflohen

Durch dieses Loch sollen die Häftlinge geflohen sein.

(Foto: Paul Zinken/dpa)

Das ging aber leicht: Gleich vier Häftlingen gelingt die Flucht aus der Justizvollzugsanstalt Plötzensee.

Aus dem Loch ragen gebogene Stahlträger. Davor liegen herausgebrochenes Baumaterial und ein Kleidungsstück - sie zeugen von einem filmreifen Ausbruch aus der Berliner Justizvollzugsanstalt Plötzensee, der gleich vier Häftlingen am Donnerstag gelungen ist. Es wurde eine Großfahndung eingeleitet.

In einem Heizungsraum hätten die Männer zunächst den Betonmittelpfosten einer Lüftungsöffnung mit einem schweren Hammer zerschlagen, teilten Justizsenator Dirk Behrendt (Bündnis 90/Die Grünen) und Anstaltsleiter Uwe Meyer-Odewald mit. Dann zersägten sie die Stahlträger unter dem Beton mit einem Trennschleifer. Schließlich zwängten sie sich durch ins Freie und krochen unter dem Außenzaun des Gefängnisses in die Freiheit.

Die Ausbrecher sind den Angaben zufolge zwischen 27 und 38 Jahre alt und saßen wegen Straftaten wie Diebstahl, räuberischer Erpressung oder schwerer Körperverletzung hinter Gitter. Sie arbeiteten am Morgen in einer Autowerkstatt, die auf dem Gefängnisgelände liegt und an den - eigentlich verschlossenen - Heizungsraum grenzt.

Der Ausbruch dauerte gerade mal drei Minuten. Eine Kamera, die die Eingangspforte der Autowerkstatt überwacht, filmte nach Justizangaben die Aktion um 8.49 Uhr. Gleichwohl wurde nach Angaben von Meyer-Odewald erst gegen 9.30 Uhr Alarm ausgelöst.

Die oppositionelle CDU-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus nutzte den Ausbruch umgehend zu einer politischen Attacke auf Justizsenator Behrendt. Der rechtspolitische und der innenpolitische Sprecher der Fraktion, Sven Rissmann und Burkard Dregger, schrieben in einer Pressemitteilung von einem "Super-GAU" für den Justizsenator. "Dieser Fall spricht Bände und offenbart die Unfähigkeit des Linksbündnisses im Berliner Senat, die Menschen in unserer Stadt angemessen vor verurteilten Straftätern zu schützen." Der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) solle sich "gut überlegen", ob Behrendt der richtige Mann für dieses Amt sei.

In dem Gefängnis in Berlin-Charlottenburg sind derzeit nach Justizangaben 362 Personen inhaftiert. Es ist nicht das erste Mal, dass die Haftanstalt in die Schlagzeilen gerät. Erst im September hatte ein Gefangener dort eine Matratze in Brand gesteckt und damit einen Großeinsatz der Feuerwehr ausgelöst. Der Gefängnisstandort hat eine düstere Vergangenheit: Die NS-Justiz richtete im Strafgefängnis Plötzensee am Rande des Geländes der heutigen JVA etwa 3000 Menschen hin, darunter Beteiligte des gescheiterten Mordanschlags auf Adolf Hitler im Juli 1944.

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