Berlin: Streit um Konnopkes Currywurst:Mit Staub und Ketchup

Konnopkes Bratwurst, dpa

"Konnopke's Imbiß" ist eine Berliner Institution. Den Sommer über soll die legendäre Currywurst-Bude schließen - gegen den Willen der Besitzerin.

Oliver Das Gupta, Berlin

Dies ist ein Berliner Drama. Hauptakteure sind eine alte Dame und ein Bezirksstadtrat, sie zanken um einen Kiosk in Prenzlauer Berg. Es geht um Renovierungsarbeiten. Nicht weiter interessant eigentlich, würde es sich nicht um Konnopke's Imbiss handeln. Hier wurde 1960 angeblich die erste Currywurst-Ost gebrutzelt, der Inbegriff für Berliner Cuisine, Teilung hin, Teilung her.

Alle Welt futterte schon bei Konnopke, Kanzler Gerhard Schröder ließ die Wurst seinerzeit zum Dienstwagen kommen, erzählt Waltraud Ziervogel, die 74 Jahre alte Besitzerin. Arbeiter schauen hier vorbei, Touristen, immer wieder Promis, auch international und so. Liza Minnelli stellte sich brav an, unlängst erst. Kurzum: Konnopke, das ist Currywurst, Currywurst ist Berlin und damit Konnopke. Also: Institution, ganz klar. Beträchtliche Fallhöhe, deshalb großes Drama.

Der klobige Kiosk steht unter dem Viadukt, über den alle fünf Minuten U-Bahnzüge donnern, vorne und hinten rauscht der Verkehr vorbei, mehr als 40.000 Fahrzeuge jeden Tag. Im Krieg wurde die stählerne Trasse arg ramponiert, danach instandgesetzt, seitdem nur sporadisch ausgebessert. Nun steht die Generalüberholung an. Unter anderem soll mit Sandstrahlern die Farbe abgespritzt werden. Monate dauert das, von Mai bis September. In dieser Zeit soll Konnopke dichtmachen.

"Ick wehre mich jejen Arsch-Rolle"

Und hier kommt Jens-Holger Kirchner, der Bezirksstadtrat, ins Spiel. "Partikel von hundert Jahre alter Farbe und Wurst vertragen sich schlecht", seufzt der Grüne, und sein Berlinerisch ist noch breiter als das von Frau Ziervogel.

Kirchner ist Leiter der Abteilung Öffentliche Ordnung beim zuständigen Bezirksamt Pankow und mit der Curry-Causa befasst. "Mein janz besonderer Freund", nennt Frau Ziervogel Herrn Kirchner. Und der sagt manchmal "die resolute Frau Konnopke" und meint Ziervogel. Deren Haltung sei legitim, sein Vorgehen auch "sehr redlich", beteuert er: "Ick wehre mich in der Jeschichte die Arsch-Rolle zu spielen." Inzwischen haben Berliner Zeitungen über den Fall berichtet, viele Konnopke-Kunden sind alarmiert, der Herr Stadtrat bekam Post, darin wurde er so richtig "anjerotzt".

Dabei hatte alles so harmonisch begonnen. Kirchner informierte Ziervogel schon vor zwei Jahren über die Renovierung. Dann wurden mehrere Szenarien durchgespielt: Ein neuer Standplatz, einen Steinwurf entfernt. Ein neuer Kiosk. Oder Standplatz beibehalten, den Kiosk luftdicht verpacken. "Hätte zusammen 70.000 Euro jekostet", Kirchners Stimme wird hoch, "das hat 'se abjelehnt!"

"Das ist mein Zuhause"

Waltraud Ziervogel sieht das anders: Der Alternativplatz sei abgelegen, die Lagermöglichkeiten begrenzt. "Reine Schikane", sagt ihr Sohn Mario Ziervogel, man wolle Konnopke weglocken vom begehrten Standplatz. Und das im 80. Jahr nach der Gründung von Konnopke. "Das ist mein Zuhause", sagt Waltraud Ziervogel traurig. Sie will nicht weg. Auf keinen Fall. Mindestens genauso gekränkt klingt Stadtrat Kirchner. Wie eine "verschmähte Braut" habe man sich gefühlt, schimpft er. Eine Ausnahme, eine "Lex Konnopke" werde es nicht geben, Wurst hin, Bullette her.

Bald werde saniert, erklärt Stadtrat Kirchner. Und die Konnopke-Leute müssten zusehen, wie sie die "Aluminiumhütte" hinterher wieder sauber bekommen. Reden würde er jederzeit mit Frau Ziervogel. Dass er auf einen Happen am Stand vorbeischaut, ist unwahrscheinlich. Kirchner hat seine letzte Wurst bei Konnopke im Juli 1979 verputzt. "Currywurst", sagt er, "ist nicht so mein Ding."

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