Abschleppen der havarierten Fähre:Zwei Arbeiter sterben bei Bergung der "Norman Atlantic"

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Schlechtes Wetter erschwert die Bergungsarbeiten. Beim Versuch, die havarierte Norman Atlantic in der Adria abzuschleppen sind zwei Arbeiter aus Albanien ums Leben gekommen. (Foto: AP)
  • Beim Versuch, die in der Adria havarierte Fähre Norman Atlantic abzuschleppen, sind zwei Seeleute aus Albanien ums Leben gekommen.
  • In der offiziellen Passagierliste gibt es Ungereimtheiten. Möglicherweise waren auch blinde Passagiere an Bord. Die Zahl der Todesopfer, die bisher bei zehn liegt, könnte sich deshalb möglicherweise noch erhöhen.
  • In italienischen Häfen werden weitere gerettete Passagiere erwartet.

Zwei Tote bei Rettungsarbeiten

Bei den Bergungsarbeiten der in der Adria verunglückten Fähre Norman Atlantic sind zwei albanische Rettungskräfte ums Leben gekommen. Wie die britische BBC berichtet, kamen die Arbeiter zu Tode, als sie von einem Schlepper aus versuchten, ein Tau zu befestigten, mit dem das havarierte Schiff abgeschleppt werden soll.

Das Wrack soll der Nachrichtenagentur Ansa zufolge in den Hafen der albanischen Stadt Vlora gebracht werden. An der Bergung ist auch die niederländische Firma Smit beteiligt, die schon bei der Bergung der Costa Concordia geholfen hatte.

Im Seegebiet zwischen der griechischen Insel Korfu, dem griechischen und dem albanischen Festland, wo die Norman Atlantic am Sonntag in Brand geraten war, herrscht seit Tagen schlechtes Wetter und hoher Wellengang. Das erschwert die Rettungsarbeiten.

Dutzende Vermisste befürchtet

Mindestens zehn Menschen sind nach bisherigem Stand bei dem Unglück gestorben. Allerdings könnten noch mehr Opfer hinzukommen, denn es gibt Ungereimtheiten in den Passagierlisten. Möglicherweise hatte sich auch eine unbekannte Anzahl von Flüchtlingen an Bord versteckt. Offiziell gehen die Behörden bisher von 478 Fahrgästen aus. Gerettet wurden 427 Menschen.

Die Furcht, dass es weitere Tote geben könnte, brachte auch der griechische Minister für Handelsschifffahrt, Miltiadis Varvitsiotis, zum Ausdruck. Er sagte im Fernsehen, unter den Geretteten seien zwanzig Menschen, die nicht auf der Passagierliste standen. Der Sprecher der griechischen Küstenwache sagte, im Inneren der Norman Atlantic werde weiter gesucht.

Die italienische Regierung betonte dagegen, es sei zu früh, Zahlen zu nennen. Medien spekulieren bereits über Abstimmungsprobleme zwischen den Ländern. So soll Griechenland zum Beispiel favorisiert haben, dass die Norman Atlantic ins nähere Albanien geschleppt werde. Doch dies sollen die Italiener, die das Kommando bei der Operation haben, nicht unterstützt haben.

Weitere Gerettete in italienischen Häfen erwartet

Für Dienstag werden in mehreren italienischen Häfen weitere gerettete Passagiere erwartet. Die Ankunft des Marineschiffs San Giorgio mit etwa 180 Menschen an Bord verzögert sich allerdings, wie die Nachrichtenagentur Ansa unter Berufung auf die Küstenwache berichtet. Das Schiff sei immer noch in der Nähe der havarierten Norman Atlantic vor der albanischen Küste. Eigentlich war das Boot am Morgen in der süditalienischen Stadt Brindisi erwartet worden. Ein weiteres Schiff mit 39 Geretteten soll im Hafen von Manfredonia in der Region Apulien einlaufen.

Ermittlungen gegen Kapitän und Reeder

Gegen den italienischen Kapitän Argilio Giacomazzi und den Eigentümer der italienischen Reederei Visemar, Carlo Visentini, leitete die Staatsanwaltschaft iim italienischen Bari der Nachrichtenagentur Ansa zufolge Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung, Körperverletzung und Herbeiführens einer Havarie ein. Der italienische Kapitän hatte als letzter das Schiff verlassen, auf dem am Sonntagmorgen auf dem Weg von Patras nach Ancona ein Brand ausgebrochen war.

Einige gerettete Passagiere kritisierten, dass die Anweisungen der Crew nach dem Unglück unzureichend gewesen seien. Bei der Evakuierung des Schiffes habe ein großes Chaos geherrscht. Eine Lkw-Fahrerin sagte gegenüber griechischen Medien: "Drei meiner Kollegen sind umgekommen." Die Trucker hätten in der Fahrerkabine auf dem Parkdeck geschlafen, wo das Feuer vermutlich ausgebrochen war. Niemand habe sie rechtzeitig alarmiert.

© Sz.de/dpa/olkl - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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