Belgien:Sklaventreiber

Ein Brüsseler Gericht verurteilt acht Prinzessinnen aus Abu Dhabi wegen Erdniedrigung ihrer Hausangestellten.

Von Pia Ratzesberger, Brüssel

Die Frauen müssen auf dem Gang schlafen, stets zu Diensten sein. Tag und Nacht. Sie dürfen die vierte Etage des Hotels nicht verlassen, in der Avenue Louise. Diese Etage haben acht Prinzessinnen aus Abu Dhabi angemietet, mit einer Schar von Bediensteten. Mehr als 20 Frauen aus acht Ländern, aus Tunesien und Marokko zum Beispiel, aus Ägypten und dem Sudan. Sie dürfen nur schlafen, wenn die Prinzessinnen schlafen. Sie müssen aufstehen, sobald eine der Hoheiten einen Wunsch äußert, gefangen in einem Luxushotel inmitten von Brüssel, Sklaverei inmitten von Europa. Fast zehn Jahre ist das nun her, und jetzt, am Freitag, hat die Strafkammer der Stadt ein Urteil gesprochen.

Die Richter haben die Prinzessinnen zu jeweils 15 Monaten Haft auf Bewährung verurteilt und zu einer Geldstrafe von jeweils 165 000 Euro, insgesamt also rund 1,3 Millionen Euro - die Hälfte ist auch hier zur Bewährung ausgesetzt. "Der Richter hat das Wort Sklaverei verwendet, und das ist ein wichtiges Signal", sagte einer der Anwälte der Opfer. Einen mitangeklagten Verwalter der Familie sprach das Gericht frei. Die Hoheiten aus den Vereinigten Arabischen Emiraten verurteilte es wegen Menschenhandels, die Prinzessinnen hätten ihre Bediensteten erniedrigt. Den Vorwurf der unmenschlichen Behandlung allerdings sahen die Richter als nicht bewiesen an. Die acht Prinzessinnen hätten auch nicht gegen das Arbeitsrecht verstoßen, da nicht sie Arbeitgeber gewesen seien, sondern ein Unternehmen namens "Private Departement". Eine Firma aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, die allerdings zu Teilen der reichen Al-Nahyan-Familie der Prinzessinnen gehören soll. Die Witwe eines Scheichs und ihre sieben Töchter waren vor Gericht nie erschienen; die Anwälte hatten jahrelang versucht zu verhindern, dass es zum Prozess kommt. Mitte Mai dieses Jahres aber begann in Brüssel dann doch die Verhandlung, die Anklage forderte 18 Monate Haft und eine Geldstrafe von insgesamt 1,9 Millionen Euro. Die Verteidiger forderten Freispruch, sie argumentierten, alleine "Private Departement" sei verantwortlich.

Die acht Prinzessinnen hatten sich 2007 und 2008 in dem Hotel eingemietet, das damals Conrad hieß und heute Steigenberger. Ein prunkvoller Bau in der Avenue Louise, dem Brüsseler Boulevard mit den vielen Designerläden, in denen sich die Reichen der Stadt treffen. Eine der Töchter unterzog sich einer Fruchtbarkeitsbehandlung, die anderen gingen einkaufen - und während die Prinzessinnen ihr Geld verprassten, durften ihre Bediensteten das Hotel nicht einmal verlassen.

Im Sommer 2008 konnte eine der Angestellten schließlich fliehen, Polizisten räumten die vierte Etage und elf Frauen erstatteten Anzeige. Eine von ihnen erzählte damals, wie die Hoheiten ihr Personal als "Schlampen" beschimpften, eine auch als "Hündin". "Sie mochten ihre Angestellten aus Tunesien und Marokko nicht so gerne." Manche der früheren Bediensteten leben heute in Belgien, sie haben Französisch und Niederländisch gelernt. Und sie haben einen Job, in dem man sie wie Menschen behandelt.

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