Belgien:Ein königlicher Garten für den Pöbel

Belgien: Gartenhäuser im königlichen Park von Laken.

Gartenhäuser im königlichen Park von Laken.

(Foto: Eddy Van 3000 via Flickr.com (CC BY-SA 2.0))

Der Schlosspark in Brüssel ist bislang der royalen Familie vorbehalten. Jetzt will ein Umweltaktivist die Grünfläche für die Öffentlichkeit erobern.

Von Thomas Kirchner, Brüssel

Gemessen am Anteil von Grünflächen ist Brüssel eine der grünsten Städte der Welt. Das würde man kaum vermuten, wenn man einmal quer durch die betonierte belgische Hauptstadt fährt und die verpestete Luft einatmet, die dank hartnäckiger Staus zur dreckigsten in Europa zählt.

Der Trick: Zur Innenstadt wird auch der königliche Park von Laken gerechnet, ein riesiges Gelände, mit 186 Hektar fast so groß wie das Fürstentum Monaco. Dem gemeinen Brüsseler bringt das allerdings wenig, denn für die Öffentlichkeit ist das Gelände nicht zugänglich, bis auf zwei, drei Wochen im Frühjahr, wenn die Blumen blühen. Nur für ganz wichtige Menschen, etwa Melania Trump, die als First Lady der USA kürzlich in der Stadt war, macht König Philipp natürlich eine Ausnahme.

Gerten Van den Abbeele geht dieser Zustand auf die Nerven. Ganz in der Nähe, sagt der Aktivist, wohne die Hälfte der Brüsseler Einwohner, dicht gedrängt in Laken oder Molenbeek. "Und die haben keinerlei Grünflächen zur Verfügung oder einen Park, der den Namen verdienen würde. Hunderttausenden Brüsselern schlägt das auf das Gemüt und auf die Gesundheit."

Die Lösung sei einfach: die Tore öffnen, und zwar für alle. Über Facebook hat Van den Abbeele für Sonntag zu einem Picknick vor den streng bewachten, sechs Meter hohen Mauern aufgerufen. Wer motiviert sei, könne später ja versuchen, "noch ein Schrittchen weiter zu gehen", umschreibt er behutsam sein eigentliches Ziel: mit zivilem Ungehorsam endlich die royalen Grashalme platt zu sitzen.

Wundersame Konstrukte aus Eisen und Glas

Im Park liegen neben dem königlichen Wohnschloss auch die berühmten Gewächshäuser, gebaut zwischen 1874 und 1895 im Auftrag von König Leopold II., der einen Teil davon mit dem Geld bezahlte, das er mit der Ausbeutung des Kongos verdiente. Wundersame Konstrukte aus Eisen und Glas sind das, in einem verspielten Stil, der den Art nouveau vorwegnimmt. Wer unter den Kuppeln wandelt, zwischen Bananenstauden, Fächerpalmen und Orchideen, darf sich wie im Märchen fühlen.

Genutzt wird der Park ansonsten kaum, sieht man von den Joggingrunden ab, die der Monarch gelegentlich dort dreht. Er interessiert sich mehr für Autos als für Pflanzen, als Prinz soll er von hier aus Übungsflüge mit einem bordeauxroten Helikopter unternommen haben, zum Atomium und zurück. Ab und an spielen die vier königlichen Kinder Ball auf dem Rasen.

Schon im Januar hatte Van den Abbeele einen ersten Aufruf gestartet, aber damals war es für ein Picknick zu kalt, die Mitstreiter sprangen ab. Vor fünf Jahren aber hatte der Umweltkämpfer schon einmal Erfolg. Er picknickte mitten auf der viel befahrenen Anspachstraße in der Innenstadt; drei Jahre später wurde das Gebiet zur autofreien Zone.

Diesmal könnte es schwieriger sein, obwohl sich fast alle politischen Parteien dafür aussprechen, wenigstens einen Teil des Parks zu öffnen. Es sei kein Geheimnis, dass der König sehr an seinem Garten hänge, zitiert die Zeitung De Morgen einen Anwohner. "Wenn er nicht will, wird nichts passieren."

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