Bedford-Strohm über Franziskus:"Wir sind uns wie Brüder begegnet"

Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern

Heinrich Bedford-Strohm hat in Rom Papst Franziskus getroffen.

(Foto: dpa)

Franziskus wisse nicht viel über die Ökumene, hieß es einmal. Jetzt hat Heinrich Bedford-Strohm, Ratsvorsitzender der EKD, den Papst getroffen und spürt großen Konsens - vor allem in der Flüchtlingsfrage.

Interview von Matthias Drobinski

Heinrich Bedford-Strohm ist seit November 2014 Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland. An diesem Donnerstag hat er den Papst im Vatikan besucht. Es war die erste Begegnung der beiden Männer.

SZ: Als Papst Franziskus sein Amt antrat, hieß es bei vielen Protestanten: Über Ökumene weiß er nicht so viel. Jetzt kommen Sie aus Rom zurück und sind begeistert. Was ist da passiert?

Bedford-Strohm: Der Papst weiß einiges über unsere Situation. Er hat ja in Frankfurt studiert, wir haben uns teilweise auf deutsch unterhalten. Und er hat von Argentinien erzählt, wo manches zwischen den Konfessionen sogar entspannter läuft als in Europa. Wir sind uns wie Brüder begegnet. Das ist ein gutes Zeichen.

Bei seinem Besuch in der deutschen evangelischen Gemeinde in Rom voriges Jahr brachte Franziskus einen Abendmahlskelch als Geschenk mit - aber evangelisch-katholischen Paaren bleibt die gemeinsame Kommunion verwehrt.

Über die entsprechende Passage im Papstschreiben "Amoris Laetitia" war ich enttäuscht, ja. Der Papst will offenbar nicht die bestehende Lehre ändern. Aber Franziskus hat auch bekräftigt, was er seinen evangelischen Mitchristen in Rom gesagt hat: Sprecht mit dem Herrn und geht weiter.

Geht das derzeit bei sozialen und politischen Themen einfacher als bei den innerkirchlichen?

Für den Papst steht die gelebte Ökumene im Mittelpunkt: Was reden wir, was tun wir, welchen Geist bringen wir in die Welt? Er fordert alle Christen auf, Christus ins Zentrum zu stellen und sich zu fragen, welche Konsequenzen das hat. Da sind wir uns ganz nah. Deswegen haben wir auch ausführlich über die gemeinsame Rolle der Kirchen in der Flüchtlingsdebatte gesprochen. Da habe ich einen ganz großen Konsens gespürt, einen Herzenskonsens. Für uns besteht die Christlichkeit Europas darin, dass die Option für die Armen ernst genommen wird. Deswegen sind geschlossene Grenzen nicht die Lösung.

Wird die Frage, wie offen man gegenüber Flüchtlingen sein muss, oder ob es Grenzzäune braucht, zunehmend zu einer Bekenntnisfrage für die Christen?

Die Haltung in der gegenwärtigen Krise kann ein Christ nicht losgelöst von seinem Glauben finden: Was hilft dem Schwächsten? Welches konkrete politische Handeln daraus folgt, darüber können und müssen Christen natürlich streiten. Ich bin der Auffassung, dass Europa auch weiterhin Flüchtlinge aufnehmen muss und das Problem nicht alleine der Türkei aufs Auge drücken darf. Aber ich muss genauso bereit sein, gewichtige Gegenargumente zu respektieren.

Am 31. Oktober, dem Reformationstag, eröffnen Sie in Wittenberg das große Reformationsgedenken. Am 31. Oktober besucht aber auch der Papst das Reformationsgedenken des Lutherschen Weltbundes in Lund. Eine Konkurrenz?

Wer in den Kategorien "Wer stiehlt wem die Show" denkt, der hat nichts von dem verstanden, was wir 2017 feiern.

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