Baden-Württemberg:"Schwer erklärlich"

Zwei Tote bei Skiunfall

Die Bergwacht war schon eine Minute nach der Alarmierung bei den Opfern - doch die Männer starben noch auf der Skipiste an ihren schweren Verletzungen.

(Foto: Patrick Seeger/dpa)

Nach einem Skiunfall mit zwei Toten im Schwarzwald rätseln die Ermittler, wie es denn zu dem schweren Unglück kommen konnte.

Von Titus Arnu

1,30 Meter Schnee, beste Sichtverhältnisse, platt gewalzte Pisten: Die Wintersportbedingungen am Feldberg hätten am Wochenende kaum besser sein können. Dementsprechend gut besucht war das größte Skigebiet Baden-Württembergs am Sonntag. Die Abfahrten rechts und links vom Resilift sind breit, übersichtlich, nicht besonders steil, es gibt keine Bäume - man könnte also sagen, ein typischer Anfängerhang. Und dennoch passierte dort am späten Sonntagnachmittag das schwerste Skiunglück im Schwarzwald seit Jahren.

Zwei Männer kollidierten kurz vor der Talstation so unglücklich, dass beide starben. Bei den Verunglückten handelt es sich um einen 29-jährigen Mann aus dem Elsass und einen 30-Jährigen aus dem Großraum Stuttgart. Beide trugen Helme. Die Bergwacht war schon eine Minute nach der Alarmierung bei den Opfern, direkt oberhalb vom Resilift steht eine Hütte der Bergrettung. Zwei Rettungshubschrauber aus der Schweiz und von der deutschen Luftrettung sowie Rettungsautos waren schnell am Unfallort. 45 Minuten lang versuchten Notärzte und Sanitäter, die beiden Verunglückten zu reanimieren, doch die Männer starben noch auf der Skipiste an ihren schweren Verletzungen.

Zum Zeitpunkt des Unglücks habe auf dem 1493 Meter hohen Feldberg gutes Wetter geherrscht, sagt Adrian Probst von der Bergwacht Schwarzwald. Die Piste sei auch nicht überfüllt gewesen, es war bereits 16.30 Uhr, kurz vor Betriebsschluss. "Es ist schwer erklärlich, wie es gerade an diesem Hang passieren konnte", sagt Probst. Möglicherweise wollten beide Skifahrer bei der letzten Talfahrt noch mal den letzten Lift nach oben erreichen und fuhren deshalb zu schnell. Ob einer der beiden Beteiligten alkoholisiert war, ist laut Bergwacht unbekannt, das soll die Obduktion zeigen.

Die Kriminalpolizei untersucht den Vorfall nun mit Hilfe der Bergwacht. Nach ersten Ermittlungen haben sich die beiden Wintersportler ordnungsgemäß verhalten. Laut Polizei weist nichts auf eine Verletzung der Sicherheitsvorschriften hin. Geschwindigkeitsbeschränkungen gibt es auf Pisten nur an Engpässen, dennoch gelten gewisse Verkehrsvorschriften. Die beiden ersten Pistenregeln des internationalen Skiverbandes FIS besagen, dass man die "Fahrweise seinem Können und den Gelände-, Schnee- und Witterungsverhältnissen sowie der Verkehrsdichte anpassen" und Rücksicht auf andere Skifahrer nehmen soll. Ob mangelndes fahrerisches Können zu dem schweren Unglück beigetragen haben könnte, ist noch unklar. Die Polizei sucht noch Zeugen, die den Unfall beobachtet haben. Die Experten sind sich sicher, dass mindestens einer der beiden Skifahrer in Anbetracht der schweren Verletzungen ein "sehr hohes Tempo" gehabt haben muss, sagt David Vaulont, Pressereferent der Bergwacht Schwarzwald. Die breite, flache Piste ist zwar ideal für Anfänger, aber laut Vaulont kann man auf der Strecke auch bis zu 80 Stundenkilometer erreichen, wenn man von der tausend Meter langen Abfahrt vom Seebuck oberhalb des Resilifts kommt. Ein Helm kann bei diesem Tempo im Falle einer Kollision vielleicht helfen, verhindert aber nicht unbedingt, dass sich der Wintersportler schwer verletzt. Vaulont spricht von mehrfachen Brüchen und inneren Verletzungen.

An etwa einem Drittel der Unfälle mit Verletzungsfolge ist ein anderer Fahrer beteiligt

Im Schwarzwald passieren tödliche Pistenunfälle sehr selten. Im vergangenen Winter starben am Feldberg zwei Wintersportler in Lawinen. In den Alpen geht die Zahl der schweren Unfälle seit Jahren zurück. Laut einer Untersuchung der Stiftung Sicherheit im Skisport wurden in der Saison 2014/15 etwa 39 000 deutsche Wintersportler nach einem Skiunfall ärztlich behandelt. Im Vergleich zur Saison 1979/80 bedeutet dies einen Rückgang um fast zwei Drittel. Gründe dafür sind unter anderem die bessere Ausrüstung und die professionellere Absicherung von Gefahrenstellen auf den Pisten. Zudem tragen nach Schätzungen des Deutschen Skiverbandes mittlerweile fast 80 Prozent der Skifahrer einen Helm. Laut einer Untersuchung der Universität Innsbruck sinkt das Risiko, eine schwere Kopfverletzung zu erleiden, durch das Helmtragen um 35 Prozent, bei Kindern unter 13 Jahren sogar um 59 Prozent.

Etwa 17 Prozent aller Verletzungen auf den Skipisten sind auf Zusammenstöße zurückzuführen. Zählt man Stürze nach Ausweichmanövern dazu, so ist bei etwa einem Drittel der Unfälle mit Verletzungsfolge ein anderer Wintersportler beteiligt. Ob Körper-Airbags, wie sie im alpinen Rennsport zum Teil schon verwendet werden, sich auch im Breitensport durchsetzen werden, ist fraglich - dafür sind die elektronisch gesteuerten Luftpolster viel zu aufwendig und teuer, eine solche Ausrüstung kostet mindestens 1000 Euro. Kostenlos zu haben und garantiert effektiv: Rücksicht nehmen und die FIS-Pistenregeln einhalten.

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