Autoren-Prozess:Das Sakrileg des Plagiats

Besteller-Autor in der Bredouille: Zwei Autoren prozessieren gegen Dan Browns Verlag, weil er für seinen Bestseller "Sakrileg" angeblich ihre Grundstory verarbeitet hat. Auch in Hollywood sieht man dem Urteil des Royal High Court mit Sorge entgegen.

Wenn schon jemand von einer Verschwörungstheorie profitieren soll, dann die, die sie als erste der Öffentlichkeit unterbreitet haben.

Autoren-Prozess: Dan Brown behauptet bis heute, sein Buch "Sakrileg" beruhe auf Fakten.

Dan Brown behauptet bis heute, sein Buch "Sakrileg" beruhe auf Fakten.

(Foto: Foto: dpa)

So ähnlich müssen die Autoren des Buches Der heilige Gral und seine Erben, Michael Baigent und Richard Leigh, gedacht haben, als sie beschlossen, den Verlag Random House wegen angeblicher Verletzung von Urheberrechten zu verklagen.

Der US-Verlag hat nämlich Dan Browns Buch Sakrileg (The Da Vinci Code) veröffentlicht. Brown erweckt in seinem Roman den Eindruck, eine Reihe von Fakten würden die Theorie stützen, Jesus Christus mit Maria Magdalene hätten Nachwuchs gezeugt, der sich bis in die Gegenwart fortgepflanzt hat.

Diese Behauptung spiegelt allerdings die Grundidee wieder, die der Neuseeländer Baigent und der Amerikaner Leigh zusammen mit dem Briten Henry Lincoln in ihrem Buch Anfang der 80er Jahre aufgestellt hatten - so der Vorwurf der Autoren.

10 Millionen Pfund (fast 15 Millionen Euro) fordern Baigent und Leigh nach Angaben der Londoner Times als Entschädigung - allerdings nicht von Dan Brown persönlich, der mit seinen Büchern immerhin 300 Millionen Euro verdient haben soll.

Nach englischem Recht ist "Plagiat" durch eine Person nicht justiziabel. Deshalb richtet sich ihre Klage gegen Browns US-Verlag Random House.

Sollten die Kläger Recht bekommen, wäre in Großbritannien nicht nur der Weiterverkauf des weltweit 48 Millionen Mal verkauften Thrillers The Da Vinci Code gefährdet.

Besonders beachtet wird das Verfahren auch, weil es die Weltpremiere der Hollywood-Variante von Da Vinci Code mit Tom Hanks in der Starrolle bei den Filmfestspielen in Cannes Mitte Mai überschatten könnte.

Und einem Präzedenzfall in Großbritannien könnten millionenschwere Prozesse in anderen Ländern folgen.

Deshalb werden sowohl Rechtsexperten der Buchverlage sowie der Filmindustrie den Prozess genau verfolgen - genau wie PR-Berater der Katholischen Kirche, die Dan Brown nichts sehnlicher wünschen als eine fürchterliche Blamage.

Brown selbst wird im Laufe des Verfahrens, das heute vor dem obersten Zivilgerichts Englands beginnt, als Zeuge der Verteidigung vor Gericht erwartet. Wann der im US-Bundesstaat New Hampshire lebende Brown (41), der sich nur ungern in der Öffentlichkeit zeigt, vor Gericht aussagen wird, ist noch unklar.

Jesus, Maria Magdalena und ihr Erbe

Baigent, Leigh und Lincoln, der sich aus gesundheitlichen Gründen der Klage nicht anschloss, hatten 1982 in ihrem Buch The Holy Blood and the Holy Grail (Der heilige Gral und seine Erben) und ein Jahr später in der Fortsetzung The Messianic Legacy die These veröffentlicht, dass Jesus mit Maria Magdalena ein Kind gezeugt und damit eine Erblinie gegründet habe, die bis in unsere Zeit von der katholischen Obrigkeit skrupellos bekämpft werde.

Diese Grundstory und sogar die "gesamte Architektur" ihres Buches, so Baigent und Leigh, habe Brown für sein Buch übernommen und zu einem Thriller ausgebaut.

Browns Anwälte argumentieren, der Schriftsteller habe für sein Buch legal eine Vielzahl unterschiedlicher Quellen verwendet.

Allerdings, so Baigent und Leigh, habe Brown sogar deutlich auf seine Hauptquelle angespielt. So sei einer Name eines Charakters im Buch eine direkte Anspielung auf Leigh und Baigent: Leigh Teabing. Leigh ist der Nachname des Klägers Richard Leigh, und Teabing sei eines der von Brown gern verwendeten Anagramme, das für Baigent steht.

Der Prozess soll zwei Wochen dauern. Es ist nicht der erste Versuch, mit solchen Vorwürfen Millionen herauszuschlagen.

Brown war bereits von Lewis Perdue auf 150 Millionen Dollar verklagt worden, weil er angeblich bei ihm abgeschrieben hatte. Perdue hatte in den 80er Jahren den Roman The Da Vinci Legacy (Die Da-Vinci-Verschwörung) veröffentlicht. Seine Klage scheiterte. Die Ähnlichkeiten zwischen beiden Büchern rührte nach Einschätzung des Gerichts daher, dass beide sich teilweise auf die selben Quellen gestützt hatten.

Fakten, die keine sind

Bislang nicht verklagt wurde Brown dafür, dass er in seinem Buch behauptet, sein Roman beruhe auf gesicherten Fakten. So sei die Bruderschaft von Zion (Prieuré de Sion) eine europäischer Geheimbund, der bereits 1099 gegründete worden sei.

Tatsächlich wurde die Bruderschaft, auf die Brown sich bezieht, 1956 von dem französischen Fälscher und Betrüger Pierre Plantard gegründet und hatte nichts zu tun mit irgendeiner bereits zuvor existierenden Organisation. Unter anderem auf den Behauptungen Plantard baute auch das Buch "Der Heilige Gral und seine Erben" auf.

Und 1975, so behauptet Brown bis heute auf seiner Homepage, wurden in der Nationalbibliothek in Paris Dokumente entdeckt, denen zufolge eine ganze Reihe berühmter Persönlichkeiten Mitglieder dieser Organisation gewesen seien, zum Beispiel Isaac Newton, Victor Hugo und eben Leonardo da Vinci.

Entdeckt wurden Les Dossiers Secrets tatsächlich. Allerdings wurden sie nicht von vielen Sachverständigen, wie Brown behauptet, als echt eingestuft. Vielmehr weiß man, dass es sich um Fälschungen handelt, die dort platziert wurden - Fälschungen, die offenbar eben auf jenen Plantard zurückgehen.

Völlig aufgeflogen war Plantards Prieuré-de-Sion-Schwindel übrigens schon in den 90er Jahren.

Plantard hatte 1989 den kurz zuvor verstorbene Geschäftsmann Roger-Patrice Pelat, einen Freund von Francois Mitterand, zu einem Großmeister seiner Prieuré erklärt.

Pelat hatte allerdings im Mittelpunkt eines Finanzskandals gestanden und Selbstmord begangen. Bei der Untersuchung des Falles musste auch Plantard vor Gericht und gestand dort unter Eid, dass die Bruderschaft von Zion seine Erfindung war.

In seinem Haus fanden sich etliche gefälschte Urkunden zu der fiktiven historischen Bruderschaft. Das Gericht ließ Plantard als dass laufen, was er war: ein Spinner, der sich als "wahrer König von Frankreich" verkaufen wollte.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: