Auktion in Argentinien:Evitas Schmuckkästchen

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In Buenos Aires werden Devotionalien des einstigen Herrscherpaares Perón versteigert, darunter eine Geldbörse aus Pinguinleder, Evitas Schmuckschatulle - und eine Hunde-Grabplatte.

Peter Burghardt

Wer in Argentinien Politkarriere machen will oder eine Epoche der Vergangenheit liebt, der zeigt zuweilen immer noch Nähe zur Familie Perón.

Juan Domingo Perón herrschte mit seiner Frau Eva Duarte von 1946 bis 1955 und dann noch mal kurz bis zu seinem Tod 1973, danach übernahm erfolglos seine nächste Gattin Isabel. Der Caudillo hinterließ dem südamerikanischen Land ein umstrittenes Erbe sowie eine vielseitige Massenbewegung namens peronistische Partei oder Partido Justicialista, die gerne den Staatschef stellt. Derzeit ist die Linksperonistin Cristina Fernández de Kirchner Präsidentin, davor war ihr Mann Néstor Präsident, in den Neunzigern führte der Rechtsperonist Carlos Menem das Kommando. Perón ruht derweil in einer Gruft auf seinem Landsitz bei Buenos Aires, Evita auf dem Friedhof Recoleta in der Metropole, beide Särge haben mehrere Umzüge hinter sich. Ade, Perón: Jetzt wird auch noch der restliche Hausrat des Paares versteigert.

Jeden Mittwoch verkauft seit einigen Wochen ein Mann in der argentinischen Hauptstadt die Devotionaliensammlung des mythenumwobenen Paares, Gebote sind auf den Katalogseiten im Internet abzugeben ( www.peronyevasolidarios.org). Mario Rotundo hatte Perón einst in seinem Madrider Exil kennengelernt und durfte gemäß des Testaments weite Teile von dessen Hausstand übernehmen, jetzt räumt seine Stiftung ihr umfangreiches Depot. 15.000 Stücke kommen unter den Hammer. Da ist zum Beispiel die angeblich letzte Geldbörse Peróns, dem Vernehmen nach aus Pinguinleder, inklusive Visitenkarten. Mindestens 29.500 Pesos soll das kosten, ungefähr 5600 Euro. Genauso viel wie Evitas Schmuckkästchen, ein Geschenk von Josephine Baker. Etwas teurer ist die Grabplatte seines zimtfarbenen Hundes Canela ("Der beste und treueste Freund, 1955-1966"), dafür werden 300.000 Pesos veranschlagt, knapp 58.000 Euro.

Interessenten? Zunächst sah es gut aus. Bei einer Versteigerung 2004 in der römischen Vertretung von Christie's gab der peronistische Politiker und Multimillionär Francisco de Narváez laut der Zeitung La Nación 250.000 Dollar für Teile von Peróns Bibliothek und Archiv aus. Der spanische Unternehmer Antonio Mata, damals Präsident der Fluglinie Aerolineas Argentinas, erstand für 130.000 Euro das letzte Leichentuch Evitas.

In dem Stoff wurde ihr einbalsamierter Körper 1971 nach einer Odyssee unter dem Namen Maria Maggi Magister aus einem Grab in Mailand geborgen und nach Buenos Aires heimgeschickt. Auch liegen manche Stücke längst in Ausstellungen wie dem Museo Evita im Stadtteil Palermo. Doch die Restposten gehen bei dieser elektronischen Auktion offenbar nur zögerlich weg.

Zwar melden sich Hunderte möglicher Käufer aus Argentinien, dem restlichen Lateinamerika, den USA und Europa. Aber es scheinen nur wenige Großfunktionäre zuzuschlagen. Anbieter Rotuno ist enttäuscht, dabei hat er noch allerlei Raritäten auf Lager, und der Erlös komme selbstverständlich gemeinnützigen Zwecken zugute. Er stritt lange mit der Witwe Isabel Perón um die Besitzrechte.

Welcher aufrechte Peronist kann zum Beispiel dem Guayabera-Hemd Peróns widerstehen, Originalmanuskripten an die Genossen, seinem Technicolor-Projektor? Oder einem Fächer Evitas und vor allem der großen Peronistenfahne in den hellblauweißen Landesfarben, mit dem Wappen der Treue? Die Flagge begleitete die schicke Verteidigerin der Hemdlosen auf Reisen und angeblich auch 1952 auf dem ersten Trauerzug auf ihrem Sarg. Aktueller Listenpreis 170.000 Pesos, etwa 32.000 Euro, ein Schnäppchen.

Der Erbe Rotundo kann die Zurückhaltung nicht verstehen, Perón und Evita würden von den Nachfolgern doch so gerne erwähnt. Kaum ein Politiker habe sich bei ihm gemeldet, obwohl heuer das 200. Jubiläum der Nation gefeiert wird. Bei Parteiveranstaltung wird nach wie vor gelegentlich der Peronisten-Marsch gespielt, auf Plakaten sind die Parteigründer zu sehen wie Heilige. Nachlassverwalter Mario Rotundo fürchtet allmählich, dass die Parteigänger doch nicht solche Zuneigung für den General und seine Diva haben, "wie sie in ihren Reden vorgeben". Kaum einer sei in seinem Büro vorbeigekommen, und sei es nur, "um die Objekte zu sehen und zu berühren."

© SZ vom 12.04.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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