Augenzeugen-Bericht aus San Diego:Überall Asche im Garten

Die Lage am Meer erschien sicher - doch dann musste Lilian B. mit ihrer Familie vor den Flammen fliehen. Fast eine Million Menschen in Südkalifornien wurden evakuiert. Ein dramatisches Protokoll.

Carolin Gasteiger

Lilian B. wohnt mit ihrem Mann und zwei kleinen Kindern in einem Vorort von San Diego. Sie wurden am Montag von den Feuersbrünsten überrascht und flohen aus ihrem Haus. Inzwischen sind sie zurückgekehrt. Auf sueddeutsche.de schildert Lilian B. die dramatische Lange in Südkalifornien.

Augenzeugenbericht; San Diego; Feuer; Waldbrände

Fast eine Million Menschen musste vor den Großbränden in Kalifornien fliehen. Unter ihnen Lilian B. aus Diego.

(Foto: Foto: dpa)

Unser Haus liegt in Del Mar, nördlich von San Diego. Es ist nur zwei Meilen vom Meer entfernt, und keiner hat hier erwartet, vor einem Flammenmeer bedroht zu werden. Am Montagabend, 18 Uhr, war es dann soweit. Es brannte sechs Meilen entfernt von uns, man konnte den Rauch riechen. Über die Entwicklung informierten wir uns im Internet. Dann riefen Freunde über das Festnetz an und empfahlen, das Haus zu verlassen. Handys durften zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr benutzt werden, die Frequenzen waren für Notfälle reserviert.

Wir wurden nervös, unsere Kinder wurden nervös. Vor vier Jahren war hier schon mal Feuer. Also setzten wir uns ins Auto. Wir packten nur das Nötigste zusammen, wichtige Dokumente beispielsweise. Die vier Familien, die wir in unser Haus aufgenommen hatten, verteilten wir auf Freunde, die im Süden von San Diego leben und dort nicht von den Flammen bedroht wurden. Es war eine freiwillige Evakuierung, keine angeordnete.

Totenstille in Del Mar

Eine solche Zwangslage wollten wir nicht abwarten. Denn dann ist mit einem Verkehrschaos zu rechnen. Ich ging mit meiner Familie in ein Hotelzimmer downtown, mitten in San Diego. Zu acht lebten wir dort. Am Dienstagabend durften wir wieder zurück. In San Diego hat man von den Bränden nichts mitbekommen. Das Wetter war relativ gut, der Himmel sogar blau, und es rannten viele Touristen umher.

Als wir wieder in Del Mar ankamen, sahen wir die Schäden. Der ganze Garten unseres Hauses ist mit einer millimeterdicken Asche-Schicht bedeckt. Wir wissen noch nicht, wie man das wieder wegkriegt. Es herrscht Totenstille. Viele habe ihr Haus verlassen und sind noch nicht wiedergekommen. Es stinkt überall. Ein intensiver, beißender Geruch. Fenster und Türen müssen wir geschlossen halten.

Das öffentliche Leben ist fast zum Stillstand gekommen. Die Schulen sind bis einschließlich Freitag geschlossen. Ebenso alle Firmen und die Universitäten. Ich arbeite für den Staat Kalifornien und muss auch erst einmal nicht ins Büro. Am Wochenende soll auf- und weggeräumt werden.

Insgesamt hat sich das soziale System der Amerikaner bewährt. Wer jemanden aufnehmen konnte, bot eine Schlafstatt an. Viele schliefen auf dem Boden. Wer nichts fand, konnte ins Footballstadion. Anders wäre es nicht gegangen, dass fast eine Million Menschen evakuiert wurde. Das Internet hat immer fuktioneirt, über E-Mails tauschten sich die Leute aus.

Nur am Montag in den Einkaufszentren war es hektisch geworden. Alle wollten sich mit Lebensmitteln, vor allem mit Wasser, eindecken. Es gab fast nichts mehr zu kaufen. Jeder hat gescheffelt, was er braucht.

Der Wind hat gedreht

Wir waren uns immer sicher, dass nichts passieren kann, weil wir ja das Meer haben. Wenn es brennt, würden wir notfalls ins Wasser gehen. Die Life Guards haben die Strände aufgemacht, viele schlafen da in Zelten und Schlafsäcken. Solche Möglichkeiten haben die Bewohner im Landesinneren nicht.

Der Wind hat inzwischen gedreht. Es ist ein feuchter Wind vom Ozean, der nun ins Landesinnere weht. Vorher litten wir unter dem total trockenen Wind, der von der Wüste kam. Er war rasend schnell.

Im Augenblick sind wir hier in Del Mar zwischen den Feuern gefangen. Im Norden brennt es, die Verkehrsader von San Diego nach Los Angeles ist gesperrt. Im Osten brennt es ebenfalls. Aber die Prognosen sind positiv.

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