Aufklärungskampagne in Spanien:"Vergnügen in deinen Händen"

In der südwestspanischen Region Extremadura wirbt eine staatliche Kampagne bei der Jugend für Selbstbefriedigung. Konservative Spanier sind entsetzt, Kommentatoren und Blogger bekriegen sich.

Louay Yassin

In der spanischen Extremadura tut sich derzeit für viele konservative Bewohner Unerhörtes. Die Regierung der spanischen Region hat kürzlich die Kampagne "Das Vergnügen liegt in deinen Händen" gestartet. Mit ihr soll bei den jungen Menschen in der südwestspanischen Region - locker übersetzt - "Selbsterkundung und die Entdeckung von Vergnügen mit sich selbst" nahegebracht werden - kurz gesagt, die Masturbation.

Aufklärungskampagne in Spanien: "Das Vergnügen liegt in deinen Händen" ist eine Kampagne, die Jugendliche in der Extremadura über ihre Sexualität aufklären soll. Konservative sind empört.

"Das Vergnügen liegt in deinen Händen" ist eine Kampagne, die Jugendliche in der Extremadura über ihre Sexualität aufklären soll. Konservative sind empört.

14.000 Euro hat die sozialistische Regionalregierung in dem armen Landstrich für die Masturbations-Werbung lockergemacht. Die Kampagne beinhaltet Handzettel, Flyer, ein Fanzine und Workshops für junge Leute, wo sie Anleitungen erhalten zu selbstvergnüglichen Techniken sowie Rat über Empfängnisverhütung und Selbstrespekt.

"Die Kampagne ist einfach, klar, natürlich und für die Zielgruppe im Alter zwischen 14 und 17 Jahren leicht verständlich", sagte Laura Garrido, die Präsidentin des Jugendbeirats der Extremadura über die im erzkatholischen Spanien ungewöhnliche Aufklärungsarbeit. "Jedes Jahr führen wir ein Projekt durch. Und dieses Jahr haben wir eines gewählt, das die heilsamen Gewohnheiten der Jugend fördert", pflichtete ihr María José Pulido, Direktorin des Fraueninstituts der Extremadura, bei.

"Attentat" auf die Intelligenz der Jugend

Doch die konservativen Stimmen in der Region wollen sich mit der Werbung für gesundheitsförderndes Handanlegen nicht anfreunden. "Das ist ein intimes Thema und sollte nur zu Hause behandelt werden", meckerte etwa der örtliche Oppositionsführer Hernández Carrón von der konservativen PP. Die Kampagne sei eine Vergeudung und ein "Attentat" auf die Intelligenz der Jugendlichen.

Auch die konservative Eltern- und Schülervereinigung COFAPA mag sich nicht mit der selbstverliebten Werbekampagne abfinden. "Sie mischen sich in das Recht der Eltern ein, ihre Kinder in einem so wichtigen Thema wie Sexualität selbst zu erziehen", schimpfte COFAPA-Präsidentin Mercedes Coloma öffentlich. Man müsste die Jugend statt im Vergnügen vielmehr in Selbstbeherrschung und Eigenverantwortlichkeit unterweisen.

"Finger des Bösen"

Inzwischen hat das Thema auch die spanischen Internet-Blogs erobert. "Wir sollten aufhören, scheinheilig zu sein", schreibt da ein Blogger. Masturbation habe nichts mit den "Fingern des Bösen" zu tun. "Wenn wir unsere Kinder über Drogen informieren müssen, damit sie die Konsequenzen kennen, warum dann nicht auch über Sexualität", heißt es in einem anderen Beitrag.

Wirtschaftlich denkende Kommentatoren weisen vor allem auf die Ausgaben hin. Ob es sinnvoll sei, dass die ärmste Region Spaniens für eine Kampagne bezahlt, die Selbstbefriedigung anpreist, bemängelte ein Journalist. Und Pilar Rahola, Kolumnistin der überregionalen Tageszeitung La Vanguardia, ätzte erst kürzlich: "Die Extremadura sollte mit sich zufrieden sein. Dort leben wohl die meisten jungen Leute ohne Arbeit, aber sie werden die besten beim Masturbieren sein."

Aber die Gegner haben offenbar wenig überzeugende Argumente: Schon überlegt das an die Extremadura angrenzende Andalusien, die Aufklärungskampagne zu übernehmen.

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