Anruf bei ...:Dompropst Bachner

Aus dem Kölner Dom wird eine Blutreliquie von Papst Johannes Paul II. gestohlen, 3200 Euro wurden mittlerweile für Hinweise ausgesetzt. Ein Interview mit Kölns Dompropst Gerd Bachner.

Interview von Martin Zips

3200 Euro sind mittlerweile für Hinweise ausgesetzt worden, die zum Fund der aus dem Kölner Dom gestohlenen Blutreliquie von Papst Johannes Paul II. führen. Das von Glas und Metall umschlossene Stück Stoff war in der Nacht zu Sonntag aus dem Dom entwendet worden. Ein Gespräch mit Kölns Dompropst Gerd Bachner.

SZ: Herr Dompropst, wer bitte klaut eine Blutreliquie?

Bachner: Wenn ich das nur wüsste. 1996, als uns mal ein Kreuz aus der Schatzkammer gestohlen worden ist, da hat sich einer meiner Vorgänger öffentlich an den Kölner Unterweltboss gewandt - schon war das Kreuz wieder da. Das war für den quasi Ehrensache. Der Ganove wollte zeigen, wer in der Kölner Szene das Sagen hat. Und die 3000 Mark Finderlohn musste mein Vorgänger dann auch nicht zahlen.

Und heute?

Man weiß ja gar nicht, wohin man sich wenden könnte. Immerhin: Zwei andere gestohlene Blutreliquien von Johannes Paul II. sind mittlerweile woanders schon wieder aufgetaucht.

Lässt sich mit geklauten Reliquien viel Geld verdienen?

Das kann ich mir nicht vorstellen. Hinter dem Diebstahl dürften wohl eher religiöse Motive stehen. Aber da ist meine Ansage ganz klar: Reliquien bringen für den, der sie klaut, keinen Segen.

Reliquie von Papst Johannes Paul II. aus Kölner Dom gestohlen

Das reich verzierte Behältnis mit Blut von Johannes Paul II.

(Foto: dpa)

Dann sieht es fürs Kölner Domkapitel ja auch nicht gerade segensreich aus. Die Dreikönigsreliquien wurden doch auch entwendet. Erst von der Heiligen Helena in Palästina. Dann von Friedrich Barbarossa in Mailand.

Natürlich hat der Reliquienraub in der katholischen Kirche eine lange Tradition. Im Mittelalter gab es sogar Listen der besonders wertvollen Reliquien. Und ohne den Raub der Gebeine des Bischofs von Myra gäbe es heute keinen Nikolaus-Kult. Aber in diesem Fall gehe ich noch eher von einem esoterischen Hintergrund aus. Es gibt ja die verrücktesten Dinge.

Waren es die Protestanten? Calvin und Zwingli haben aus Protest gegen den katholischen "Reliquienkram" solche Gegenstände ja sogar verbrannt.

Nein, nein. Ich denke eher an gewisse Überspannungen von Leuten, die meinen, sie müssen sozusagen den Heiland mit in ihre Wohnung nehmen, damit der dort noch besser auf sie aufpasst. Es gibt da auch welche, die sich Hostien einpacken.

Wie häufig kommt so ein Reliquienraub eigentlich vor? Ich weiß von einem Dieb, der sich 1574 einen Stein aus dem Dreikönigsschrein geschlagen haben soll. Und dann natürlich das Gerangel zur Zeit Napoleons.

Flüchtlingsboot im Dom in Köln

Der Kölner Dompropst Gerd Bachner.

(Foto: Oliver Berg/dpa)

Richtig. Aber das war es dann auch schon. Wegen unserer zentralen Lage haben wir heute eher andere Probleme. Zum Beispiel mit Taschendiebstahl, der bei Zigtausenden Besuchern jährlich leider auch vor dem Inneren unseres großartigen Gotteshauses nicht haltmacht. Und natürlich gibt es gelegentlich überspannte Leute, die Leuchter oder Kerzen irgendwo niederschmettern, weil ihnen das eine innere Stimme befohlen hat.

Eine Altenheim-Kapelle in Laatzen besitzt Haar-Reliquien von Johannes Paul II. Könnten Sie sich da vielleicht übergangsweise welche leihen?

Nein. Das machen wir nicht. Wissen Sie: Ich glaube an das Gute im Menschen, an die Einsicht und daran, dass unsere Reliquie bald wieder zurückkehrt. Als Finderlohn hat das Domkapitel 1500 Euro ausgesetzt. Privatpersonen haben noch 1700 Euro draufgesattelt. Das finde ich schon toll.

Wie viele Reliquien gibt es denn jetzt noch im Kölner Dom?

Unzählige. In jeder Wand, unter jeder Bodenplatte können sich welche verbergen. Es gibt da auch gar kein Verzeichnis, so reich ist unsere Geschichte. Die Reliquien gehen uns wirklich nicht aus.

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