Anklage gegen den Heckenschütze von Malmö:Drei Morde, zwölf Mordversuche

Er feuerte durch Autoscheiben, in Privatwohnungen, ein Fitnessstudio, häufig auf Migranten: Vor zwei Jahren tötete ein Heckenschütze in Malmö drei Menschen und terrorisierte die schwedische Stadt mit einer Serie von Anschlägen. Nun wurde Anklage gegen den mutmaßlichen Serientäter erhoben. Das Motiv des Mannes gibt noch immer Rätsel auf.

Gunnar Herrmann

Er kam im Dunkeln und feuerte aus dem Hinterhalt auf seine ahnungslosen Opfer. Jahrelang terrorisierte der "Heckenschütze von Malmö" die südschwedische Stadt mit einer Serie von Anschlägen, die sich meist gegen Einwanderer richteten. Jetzt wird Peter M. für diese Verbrechen vor Gericht gestellt.

Am Montag erhob Staatsanwältin Solveig Wollstad Anklage gegen den 40-Jährigen. Mit insgesamt 30.000 Seiten Beweismaterial will sie M. drei Morde und zwölf Mordversuche nachweisen. Der Angeklagte streitet alles ab. Sein Tatmotiv ist unklar: Während die Medien über einen rechtsextremen Hintergrund spekulieren, halten sich die Behörden bislang bedeckt.

Das letzte Todesopfer des Serientäters war die 20-jährige Trez West Persson. Am 10. Oktober 2009 saß sie mit einem Freund in dessen Auto. Es war kurz nach Mitternacht, die beiden unterhielten sich, als mehrere Schüsse die Windschutzscheibe durchschlugen. Persson, von drei Kugeln getroffen, starb wenig später im Krankenhaus. Ihr Bekannter überlebte schwer verletzt. Er war ein Kleinganove, der sich gerade auf Freigang befand. Darum glaubte die Polizei zunächst an eine Abrechnung in der Unterwelt.

Doch bald darauf fielen wieder Schüsse, die den Ballistikern zufolge aus der Mordwaffe im Persson-Fall stammten, einer Glock 19. Der Täter war meist maskiert, er feuerte offenbar wahllos auf Passanten, auf Autos, in ein Fitnessstudio, in eine Moschee, in Privatwohnungen. Mehrere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. Dass es keine weiteren Toten gab, liegt der Anklageschrift zufolge nur an "zufälligen Umständen".

Die meisten Opfer waren unbescholtene Bürger, fast alle mit Migrationshintergrund. Seit Sommer 2010 sprach die Polizei darum offen von einem mutmaßlichen Serientäter, der Jagd auf Einwanderer macht. Viele Schweden fühlten sich an den "Lasermann" erinnert, einen Serienkiller, der Anfang der 90er Jahre in Stockholm aus Fremdenhass mordete.

Ein Waffennarr mit fremdenfeindlichen Ansichten

Tipps der Bevölkerung führten die Ermittler im November 2010 zu Peter M.. In seiner Wohnung fand man Tatwaffen und eine ganze Kollektion von Sturmhauben. Kurz darauf entdeckten die Beamten auch eine Verbindung zu zwei ungeklärten Morden aus dem Jahr 2003.

Im Abstand von wenigen Wochen waren zwei Männer erschossen worden, ebenfalls Einwanderer. M., den die Ermittler jetzt für den Täter halten, hatte damals anonym bei der Polizei einen Nachbarn angeschwärzt - vermutlich, um die Ermittlungen in die Irre zu führen.

Vor dem Prozess werden vor allem zwei Fragen diskutiert: Hat M. noch weitere Anschläge begangen? Und warum mordete er? Medienberichten zufolge galt er als Waffennarr und soll im Gespräch mit Bekannten durch fremdenfeindliche Äußerungen aufgefallen sein. Er soll außerdem einen ausgeprägten Hass auf Kriminelle haben, seit seine Schwester vor Jahren an einer Überdosis Rauschgift starb.

Er selber habe die Aussage verweigert, auf seinem Computer habe man aber "fremdenfeindliches Material" gefunden. Wollstad bezeichnete M., der Berichten zufolge unter dem Asperger-Syndrom leidet, als "sehr einsame Person". Das Verfahren beginnt am kommenden Montag.

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