Air-France-Unglück:Makabres Puzzlespiel

Rätselraten um die deutschen Passagiere im Flug AF 447: Nach dem Absturz der Air-France-Maschine werden immer mehr Einzelschicksale bekannt - nur bei den deutschen Opfern gibt es wenig Konkretes.

Ch. Burtscheidt

Erich Heine war 41 Jahre alt, Vater von drei kleinen Kindern und hatte in jungen Jahren bereits eine rasante Karriere hingelegt. Er war Manager der brasilianischen Filiale von ThyssenKrupp. Das Unternehmen baut nahe Rio zurzeit für 4,5 Milliarden Euro eines der größten Stahlwerke der Welt. Die Route Rio-Paris der Air France ist die Standardroute für viele ihrer Mitarbeiter, womöglich hat die Firma noch mehr Tote zu beklagen. Heine ist eines der 228 Opfer, die bei dem Flugzeugabsturz am Montagmorgen über dem Atlantik verunglückten. Er kam aus Südafrika.

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Nackte Verzweiflung: Verwandte von vermissten Passagieren stützen sich am Flughafen von Rio de Janeiro gegenseitig.

(Foto: Foto: AFP)

Tragisch auch der Tod einer fünfköpfigen Familie aus Fellbach in Baden-Württemberg. Nach Angaben der Stadt war es ein Ehepaar mit seinen zwei Töchtern und einer Enkelin.

Vermutlich acht Opfer aus Bayern

Insgesamt waren Passagiere aus 32 Ländern an Bord der Boeing. Wenig Konkretes gab es einen Tag nach dem Flugzeugabsturz von offizieller Seite über die Herkunft der deutschen Opfer. "Wir können noch nicht einmal endgültig bestätigen, dass 26 Deutsche an Bord waren", teilte das Auswärtige Amt mit. Gewiss ist nur, dass 26 Passagiere von Paris aus Weiterflüge nach Deutschland gebucht hatten. Zahlen kursierten, wonach elf nach Stuttgart, sechs nach Berlin und neun nach Bayern weiter reisen wollten. Sie wurden jedoch nicht offiziell bestätigt.

Bei den neun Reisenden, die offenbar auf dem Weg nach Bayern waren, handelte es sich nach Informationen des bayerischen Innenministeriums um sechs Männer und drei Frauen; ersten Hinweisen zufolge war darunter ein Sachse. Acht Unglücksopfer kommen voraussichtlich aus Bayern, darunter ein Erlanger und drei Münchner. Seelsorger hatten sich am Montag am Münchner Flughafen um Verwandte und Freunde gekümmert, die die Verunglückten abholen wollten.

Für die schwierige Aufgabe, die Opfer zu identifizieren, ist das Bundeskriminalamt zuständig. Dort gibt es dafür eigens eine Identifizierungskommission, die auch bei Katastrophen wie dem Tsunami in Indonesien 2004 oder dem Zugunglück in Eschede zum Einsatz kam. Die Kommission vergleicht die Namen auf den Passagierlisten mit dem örtlichen Einwohnermelderegister. Zuständige Polizeidienststellen werden dann beauftragt, sich an die Angehörige zu wenden, um von den Opfern Fingerabdrücke oder einen DNS-Abgleich zu erhalten. Dieser wird dann mit geborgenen Toten aus der abgestürzten Maschine verglichen - vorausgesetzt das Wrack wird gefunden und auch geborgen.

"Das kann man vergessen"

Die Chance ist jedoch im Fall der Air France verschwindend gering. "Die Maschine ist aus 10.000 Metern abgestürzt und liegt nun vielleicht 9000 Meter tief auf dem Meeresgrund, das kann man vergessen", sagt Ulrich von Jeinsen.

Seit 20 Jahren vertritt der Anwalt Angehörige von Absturzopfern wie etwa der Unglück-Boing der Birgenair. Sie stürzte 1996 gleich nach dem Start vom Flughafen Puerta Plata in der Dominikanischen Republik ab; 189 Menschen kamen ums Leben, darunter 164 Deutsche. Das Wrack lag in 2000 Meter Tiefe, geborgen wurde nur der Flugschreiber. Solange Tote nicht identifiziert werden, gelten sie als vermisst. Erst nach Ablauf einer bestimmten Frist können Angehörige die Vermissten für tot erklären lassen.

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