Air-France-Flug 447:Leichen am Meeresgrund

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Es ist ein Fund mit großer Bedeutung für die Angehörigen - und für die Ermittler, die das rätselhafte Unglück endlich aufklären wollen: Zwei Jahre nach dem Absturz des Air-France-Flugs 447 haben Tauchroboter Wrackteile und Leichen im Atlantik geortet.

Jens Flottau

Fast zwei Jahre nach dem Absturz des Air France-Fluges 447 hat eine Such-Expedition Wrackteile und Leichen am Meeresgrund im Südatlantik geortet. Die Besatzung des Spezialschiffes Alucia entdeckte in einer Tiefe von knapp 4000 Metern ein Triebwerk und Teile eines Flügels des Airbus A330-200. Die Ermittler hoffen, dass sie durch neue Erkenntnisse die Absturzursache besser rekonstruieren können. Die genauen Koordinaten des Fundortes werden vorerst nicht veröffentlicht.

Die brasilianische Marine fischt nach dem Absturz Wrackteile der abgestürzten Air-France-Maschine aus dem Meer (Archivbild vom Juni 2009). Nun hat eine Such-Expedition Wrackteile und Leichen am Meeresgrund im Südatlantik geortet. (Foto: REUTERS)

Die Maschine war am Abend des 31. Mai 2009 in Rio de Janeiro mit 228 Menschen an Bord gestartet und sollte am folgenden Tag nach einem knapp zwölfstündigen Flug auf dem Pariser Flughafen Charles de Gaulle landen. Doch Flug 447 erreichte nie sein Ziel: Der Airbus geriet nach dem derzeitigen Stand der Ermittlungen in der sogenannten Innertropischen Konvergenzzone in ein Schlechtwettergebiet. Unmittelbar vor dem Absturz sendete das Flugzeug eine Reihe von automatischen Fehlermeldungen, die neben den bisher geborgenen Wrackteilen die wichtigste Basis für die Untersuchungen waren.

Die Indizien deuten darauf hin, dass die sogenannten Pitot-Rohre, mit denen Geschwindigkeit und Höhe des Flugzeuges gemessen werden, vereist waren und so unzuverlässige Daten an die Bordcomputer gesendet haben. Die Rekonstruktion der Ereignisse ist allerdings noch sehr lückenhaft. Air France-Chef Pierre-Henri Gourgeon machte deutlich, er hoffe nun, dass "Informationen über die Ursache des Unfalles, der bislang nicht geklärt ist, gefunden werden."

Für viele Angehörige der Opfer könnte der neue Fund von enormer Bedeutung sein. Denn nach Angaben des Staatssekretärs im französischen Verkehrsministerium, Thierry Mariani, sind nicht nur Trümmer, sondern auch Leichen entdeckt worden. Vertreter der Angehörigen haben immer wieder betont, wie sehr sie darauf hoffen, dass die Opfer gefunden und bestattet werden können. Dies sei ein wichtiger Schritt auf dem Weg, den Verlust besser verarbeiten zu können.

Die Bergung dürfte sich aber noch über Wochen hinziehen. Laut der französischen Umweltministerin Nathalie Kosciusko-Morizet sei es unter Umständen möglich, die nun gefundenen Opfer zu identifizieren. Die Unfallermittler präsentierten eine Reihe von überraschend scharfen Aufnahmen, die Wrackteile in 3000 bis 4000 Meter Tiefe zeigen. Wegen des hohen Drucks und der niedrigen Temperatur seien die Leichen der Opfer relativ gut erhalten.

Air-France-Flug AF 447
:Spuren auf dem Meeresgrund

Knapp zwei Jahre nach dem Absturz des Airbus mit der Flugnummer AF 447 werden Wrackteile und Leichen in unglaublicher Tiefe gefunden. Den Angehörigen bleibt die Hoffnung, endlich mehr über die Ursache des Unglücks zu erfahren.

Die Suche nach den Ursachen ist vor allem deswegen so schwer, weil die Ermittler bislang weder den Flugdatenschreiber noch den Cockpit-Rekorder gefunden haben. Allerdings ist ungewiss, ob nach fast zwei Jahren in der Tiefsee überhaupt noch brauchbare Daten erhalten sind. Derzeit ist noch ungewiss, ob auch die Geräte in der Nähe der jetzt gefundenen Wrackteile liegen. Es besteht zumindest die Chance, dass die speziell geschützten Einheiten nicht zu stark beschädigt sind. Denn sie sind im hinteren Teil des Flugzeuges installiert und waren deswegen womöglich bei dem Aufprall weniger zerstörerischen Kräften ausgesetzt, als dies offenbar für den vorderen Teil des Rumpfes galt. Die Unfalluntersuchungsbehörde BEA setzt darauf, die Teile inden nächsten Wochen zu finden.

Der Absturz gibt den Unfallexperten bis heute Rätsel auf. Als relativ gesichert kann lediglich gelten, dass die Pitot-Sonden versagt haben. Die entsprechenden Modelle des französischen Herstellers Thales wurden seither ausgetauscht. Allerdings hat es in den vergangenen Jahren immer wieder Vorfälle gegeben, bei denen die Geräte bei extremen Wetterbedingungen versagten, ohne dass die betroffenen Flugzeuge gleich abstürzten.

Im Falle des Fluges AF447 haben die Piloten dennoch ganz offensichtlich die Kontrolle über ihre Maschine verloren, als mehr und mehr automatische Funktionen wie der Autopilot aufgrund der falschen Geschwindigskeitsdaten nicht mehr zur Verfügung standen. Zu klären ist auch, ob die Bordcomputer künftig technisch robuster sein müssen, wenn sie mit unzuverlässigen Daten gefüttert werden.

In Frankreich ist wegen des Unfalls gegen Airbus und gegen Air France Anklage erhoben worden. Beide Unternehmen halten sich aber für unschuldig. Airbus und Air France tragen die Kosten der bislang vier Suchaktionen nach den Wrackteilen, von denen die ersten drei keine Ergebnisse geliefert hatten. 19 Millionen Euro haben die beiden Konzerne dafür inzwischen ausgegeben.

© SZ vom 05.04.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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