Ältester Artist der Welt:Klimmzüge zum 98. Geburtstag

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Konrad Thurano gilt als ältester aktiver Artist der Welt. Am Dienstagabend feierte er in Kassel in seinen 98. Geburtstag hinein - mit Klimmzügen.

Chris Melzer

Der alte Herr kommt selbst mit dem Stock nur mühsam voran - zumindest auf dem Boden. Wenn er aber auf dem Drahtseil ist, wirkt Konrad Thurano jünger.

Mit 98 Jahren gilt Konrad Thurano als ältester Artist der Welt. Das Foto zeigt ihn zu seinem 95. Geburtstag in Roncallis Apollo Varietee in Düsseldorf. (Foto: Foto: dpa)

Viel jünger, Jahrzehnte jünger. Mit 98 Jahren gilt der Düsseldorfer als ältester Artist der Welt, der noch aktiv ist. Am späten Dienstagabend feierte er in Kassel in seinen 98. Geburtstag hinein - mit Klimmzügen.

"Ich fühle mich fit wie eh und je", sagt er leise aber deutlich. "Die Augen und die Ohren haben gelitten, aber Arme und Beine machen immer noch, was sie sollen." Um es zu beweisen, schlurft er zum aufgespannten Seil und hängt sich dran. Erst mit den Unterarmen, dann mit den Händen, zuletzt mit den Zeigefingern.

Unter dem Hut blitzt ein spitzbübisches Lächeln hervor wie von einem unartigen Gymnasiasten. "Ich fühle mich lustig. Richtig lustig", sagt er und fängt an zu summen. Eigentlich summt oder pfeift er fasst immer.

Seit mehr als 80 Jahren steht Thurano auf der Bühne. Die Liste seiner Bekanntschaften liest sich wie ein Varietéführer des 20. Jahrhunderts: Hans Albers und Charlie Rivel, Grock und Jerry Lewis, Zarah Leander und Marlene Dietrich, Sammy Davis jr., Dean Martin und Frank Sinatra und selbst Charlie Chaplin traf der Artist einst.

"Eine andere Zeit, damals", sagt Thuranos Sohn Johnjohn. "Die Showgrößen von damals trafen sich auf Ozeandampfern oder in feinen Zugabteilen und fühlten sich einander verbunden."

"Ich lasse den Kopf nicht hängen", sagt Thurano mit schelmischem Grinsen. "Immer fröhlich sein, vielleicht wird man dann 100." Ein besonderes Rezept für seine Gesundheit habe er nicht: Er esse ganz normal; viel Obst, aber auch gern Fleisch oder Nudeln. Bis er 50 war, habe er sogar geraucht.

Ein besonderes Training gebe es auch nicht; ach so, nur ein paar Kilometer auf dem Heimtrainer täglich. Im Januar vergangenen Jahres verabschiedete sich Thurano vom Varieté. "Nicht aber von der Bühne", betont er mit erhobenem Zeigefinger.

Regelmäßig zeigt er mit seinem Sohn, 62 ("Ich kann mich noch nicht zur Ruhe setzen, das würde mein Vater nie erlauben."), seine Kunststücke auf dem Drahtseil. Und das soll auch noch eine Weile so weitergehen. "Ich kann nicht aufhören. Es geht nicht. Zu Hause fällt mir die Decke auf den Kopf. Ich muss nach drei Tagen wieder raus." Seinen 100. Geburtstag will er auf dem Seil verbringen.

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