Abdankung von Juan Carlos in Spanien:Der Monarch ist müde

King Juan Carlos

König Juan Carlos auf einem Archivbild im Jahr 2011

(Foto: AP)

Der Ruf war lädiert, die Gesundheit angegriffen, doch auf den Thron wollte Juan Carlos lange Zeit nicht verzichten. Jetzt dankt Spaniens König doch ab. Sein Sohn, Prinz Felipe, übernimmt ein schweres Erbe.

Von Thomas Urban, Madrid

Ganz Madrid ist von der Ankündigung überrascht, dass König Juan Carlos nun doch abdankt und den Thron für seinen Sohn Felipe frei macht. Er sei stolz auf das, was er in seiner Amtszeit erreicht hat, sagte der König in einer Radio- und TV-Ansprache, nachdem er Ministerpräsident Mariano Rajoy seinen Entschluss mitgeteilt hatte. Er habe sich immer dafür eingesetzt, dass sich Spanien in Freiheit entwickeln könne, sagte der Regent.

Überraschend kommt seine Ankündigung auch deswegen, weil es zuletzt so ausgesehen hatte, als legte sich die Debatte um die größten Probleme des Monarchen wieder: seine angegriffene Gesundheit und sein lädierter Ruf.

Schleppte Juan Carlos sich noch vor wenigen Monaten nach diversen Hüft-, Knie- und Fersenoperationen an Krücken zu den offiziellen Terminen, war der 76-Jährige bei seiner letzten großen Reise in mehrere arabische Länder im Mai nur auf einen Gehstock angewiesen, er wirkte vital und war zu Scherzen aufgelegt. Vor allem aber kam er mit Milliardenaufträgen für die spanische Wirtschaft zurück, darunter für den Bau einer Trasse für Hochgeschwindigkeitszüge zwischen den saudi-arabischen Pilgerstädten Mekka und Medina. Dafür bekam er von den Medien viel Lob.

King Juan Carlos

Der König dankt ab: Juan Carlos unterzeichnet am Montag im Zarzuela-Palast ein Dokument, das seinen Amtsverzicht erklärt

(Foto: AP)

Das war Genugtuung für die spanischen Monarchisten, bei denen in vorderster Front die regierenden Konservativen unter Ministerpräsident Mariano Rajoy stehen. Denn die vergangenen beiden Jahre hatte Juan Carlos nur schlechte Nachrichten geliefert. Den Anfang hatten Berichte über seine Teilnahme an einer Luxussafari in Botswana gemacht, bei der er einen Elefantenbullen schoss.

Öffentliche Kritik wegen Elefantenjagd und Gerüchten über eine Geliebte

Es war die Zeit, als das Land vor dem Staatsbankrott zu stehen schien, als Hunderttausende von Spaniern arbeitslos wurden und Millionen verarmten - ihr König aber vergnügte sich. Hinzu kam, dass er sich von einer deutschen Geschäftsfrau begleiten ließ, die durch Heirat zu einem Adelstitel gekommen war und nun in der spanischen Regenbogenpresse als seine Geliebte bezeichnet wurde. Erstmals wurde Juan Carlos, bislang Medienliebling, von der Presse hart angegangen. Unter Druck geraten, entschuldigte er sich in einer Fernsehansprache bei seinen Untertanen: "Es wird nie wieder vorkommen." Offen blieb dabei, ob er die Elefantenjagd meinte oder die angebliche außereheliche Liaison.

Weitere schlechte Nachrichten lieferte zuverlässig sein Schwiegersohn Inaki Urdangarin, der Mann der jüngsten Königstochter Cristina. Gegen ihn wird wegen Veruntreuung und Urkundenfälschung ermittelt, es drohen ihm mehrere Jahre Gefängnis. Auch gingen in Madrid nahezu täglich unerfreuliche Berichte aus Katalonien ein, wo die Regionalregierung im Bunde mit den größten Oppositionsparteien die Loslösung von Spanien anstrebt. In Madrid haben immer mehr Kommentatoren Juan Carlos vorgeworfen, er kämpfe nicht ausreichend gegen den Zerfall seines Reiches und bemühe sich nicht um die Katalanen.

So wurden auch in Madrid die Rufe nach seinem Rücktritt immer lauter. Zwar erklärte Königin Sofía: "Ein König stirbt im Bett." Außerdem drang aus dem Zarzuela-Palast die Nachricht, Juan Carlos wolle nicht auf dem Tiefpunkt seines Ansehens bei den Spaniern zurücktreten, also gewissermaßen in Schande gehen. Doch die Gegner der Monarchie bekamen weiter Zulauf, vor allem aus der jungen Generation. Offen wurde auch von Abgeordneten der linken Opposition im Parlament die Einführung der Republik gefordert, ungeachtet der Proteste der Konservativen, die diese Aufrufe als Verfassungsbruch geißelten.

Die Europawahl am letzten Maiwochenende bestätigte, dass die republikanischen Kräfte in Spanien weiter im Aufwind sind. So mehrten sich auch unter den konservativen Intellektuellen die Stimmen, dass er um der Monarchie willen nun endlich dem Thronfolger Felipe Platz machen müsse. Der übernimmt ein schweres Erbe: Er soll nicht nur zur Überwindung der traditionell tiefen Gräben in der spanischen Gesellschaft einen Beitrag leisten, sondern auch ganz simpel die angeschlagene Monarchie retten.

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