Narkosearzt:Bewährungsstrafe wegen Tod eines Kindes

EIn Arzt verwendete entgegen der Vorschrift Narkosemittel mehrfach. Weil ein kleines Mädchen deswegen starb, bekam er zwei Jahre auf Bewährung.

Wegen eines tödlichen Kunstfehlers bei der Zahnbehandlung eines dreijährigen Mädchens hat das Landgericht Ellwangen am Mittwoch einen Narkose-Arzt zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt.

Richter Hans-Joachim Neun sagte, der Angeklagte gegen die Regeln der ärztlichen Kunst verstoßen. Er habe entgegen den Vorschriften ein bereits einmal eingesetztes, mit Bakterien verschmutztes Narkosemittel verwendet.´

Das Gericht verurteilte den 54-jährigen Arzt wegen Körperverletzung mit Todesfolge und vorsätzlicher Körperverletzung. Als Bewährungsauflage verhängte es eine Geldbuße von 15.000 Euro. Das Geld muss der Mann an soziale Einrichtungen zahlen.

Damit folgte die Strafkammer weitgehend dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert.

Kleines Mädchen starb an Kreislaufzusammenbruch

Nach Auffassung des Gerichts hatte der heute 54 Jahre alte Anästhesist am 23. Oktober 2002 in der Praxis einer Zahnärztin eine bereits einmal verwendete Narkoselösung eingesetzt, obwohl dies nach der Herstelleranweisung nicht geschehen durfte.

Die kleine Sina-Mareen starb innerhalb von zwölf Stunden im Krankenhaus in Bad Mergentheim an einem Kreislaufzusammenbruch. Am selben Tag erkrankte ein weiterer Patient des Facharztes, ein 42-jähriger Mann, nach einer ambulanten Narkose. Er konnte gerettet werden.

Der Vorsitzende Richter Neun sagte, auf der Packung des Narkosemittels und auf der Flasche habe es deutliche Hinweise gegeben, dass man das Mittel nur einmal verwenden durfte. Man habe den Eindruck, dass der Mediziner das Schicksal geradezu herausgefordert habe.

Gedankenloses Handeln

Er habe aber außer Acht gelassen, dass es um das Schicksal von Patienten gegangen sei. Die Gratwanderung sei in vielen Fällen gut gegangen. Bei dem Mädchen habe das Ganze aber in einer Katastrophe geendet.

Der Mediziner habe gedankenlos gehandelt, sagte Neun. Bereits in den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts seien in den USA erste Fälle von Infektionen durch das Narkosemittel bekannt geworden, wenn es unsachgemäß angewendet worden sei. Jedoch sei offenbar eine Mehrfachverwendung von Narkosemittel durch die Ärzte nicht unüblich, sagte Neun.

Der Narkose-Arzt nahm das Urteil ohne sichtbare Regung auf. Er hatte seine Unschuld beteuert. Er räumte zwar eine mehrmalige Verwendung der Narkoselösung ein. Er habe aber den Gummipfropfen auf der Flasche desinfiziert, ehe er eine Spritze hinein gestochen habe.

Der Arzt hatte erklärt, es sei möglich, dass das Mädchen durch eine "Allergie oder Keime, die durch kaputte Zellen in den Blutkreislauf gekommen sind", gestorben sei. Schließlich sei der Kariesbefall bei der Dreijährigen immens gewesen.

Die Mutter des Mädchens sagte, das Urteil sei "nicht wirklich eine Strafe" für den Arzt. Ihre Tochter sei tot. Sie werde den Schuldspruch akzeptieren.

Welche Folgen das Urteil für die Zulassung des Mediziners hat, war zunächst unklar.

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