Klagende Köchin:"Niemand kannte Sarah Wiener"

Er hielt die TV-Köchin für ein einfaches Model: Supermarktbetreiber Jürgen Mertens über den Ärger mit Sarah Wiener, die 100.000 Euro für ein Werbefoto wollte.

Takis Würger

Wie viel ist ein Foto von Sarah Wiener wert? Mit dieser Frage musste sich der Supermarktbetreiber Jürgen Mertens fast drei Jahre lang beschäftigen: Mertens, 51, leitet ein Einkaufszentrum in Asbach bei Koblenz. Im Sommer 2006 druckte er einen Werbeprospekt, der die Fernseh-Köchin Sarah Wiener neben einem Linsen-Eintopf zeigt. Wiener verklagte ihn daraufhin wegen unerlaubter Werbung und forderte 100.000 Euro Schadensersatz. Das Landgericht Koblenz sprach der Köchin aber nur 5000 Euro zu. Wiener legte Berufung ein und klagte sich bis zum Verfassungsgericht. Diesen Montag hat Karlsruhe die Klage abgelehnt, es bleibt also bei 5000 Euro plus Zinsen. Nach drei Jahren Rechtsstreit hat Mertens jetzt endlich Ruhe.

Klagende Köchin: Wollte 100.000 Euro für ein Werbefoto: Fernseh-Köchin Sarah Wiener.

Wollte 100.000 Euro für ein Werbefoto: Fernseh-Köchin Sarah Wiener.

(Foto: Foto: dpa)

sueddeutsche.de: Herr Mertens, schauen Sie gerne Kochsendungen?

Jürgen Mertens: Nö, ich bin nicht so der Koch. Schade eigentlich, das hätte wohl die ganze Geschichte mit Sarah Wiener verhindert.

sueddeutsche.de: Wie ist die Köchin auf der Werbung für Dosensuppe gelandet?

Mertens: Das war ein Versehen. Wir haben in unserem Einkaufszentrum ein Geschäft, das Besteck verkauft, für das Sarah Wiener Werbung macht. Deshalb hatten wir Fotos von ihr in unserem Computer. Ihr Gesicht war auf den Fotos, aber kein Name.

sueddeutsche.de: Wie viele Leute haben an der Werbung mitgearbeitet?

Mertens: Insgesamt drei Leute. Die Frau, die die Seite entworfen hat, ein Mitarbeiter, der die Werbung auf Fehler gelesen hat und ich. Keiner von uns kannte Sarah Wiener. Wir dachten alle, dass sie ein ganz normales Model ist.

sueddeutsche.de: War sie aber nicht.

Mertens: Man kann ja nicht jeden Fernsehkoch kennen, es gibt in Deutschland 30 verschiedene Kochshows. Da ist nicht gleich jeder prominent, der um Mitternacht in einem Spartensender den Kochlöffel schwingt.

sueddeutsche.de: Was genau war auf dem Werbeprospekt zu sehen?

Mertens: Sarah Wiener und die Dosensuppe. Sie hat da so eine Fertigsuppe angelacht. Es war ein Profil-Foto von Frau Wiener, ungefähr fünf mal sechs Zentimeter groß.

sueddeutsche.de: Hat sich die Dosensuppe gut verkauft?

Seite 2: "Mit Frau Wiener war nicht zu reden"

Mertens: Die hat sich ganz normal verkauft. Genauso wie in den Wochen vor der Werbung. Die Verkaufszahlen haben sich kaum geändert, das haben wir auch vor Gericht bewiesen. Es ist ja auch völlig unbedeutend, wer sein Gesicht neben die Dosensuppe hält.

Klagende Köchin: Von der TV-Köchin angeklagt: Der Supermarktbetreiber Jürgen Mertens, 51, aus Asbach bei Koblenz.

Von der TV-Köchin angeklagt: Der Supermarktbetreiber Jürgen Mertens, 51, aus Asbach bei Koblenz.

(Foto: Foto: ho)

sueddeutsche.de: Das sieht Frau Wiener anders.

Mertens: Aber hallo! Als der Brief mit der Klage auf meinem Schreibtisch lag, habe ich einen richtigen Schock bekommen. Frau Wiener kannte keiner von uns. Wir haben uns erst mal schlau gemacht - und uns dann entschuldigt. Wir haben ihr geschrieben, dass das alles ein Versehen war, und dass wir eine Entschädigung zahlen würden. Aber mit ihr war nicht zu reden, sie wollte 100.000 Euro.

sueddeutsche.de: Ein ganz schöner Batzen für ein fünf mal sechs Zentimeter Foto.

Mertens: Völlig unangemessen. Das war eine lokale Werbung in einem Gratisblatt. 100.000 Euro! Das ist das vierfache Jahresgehalt von einem Normalverdiener. Und das für ein Foto von einer Frau, die damals kaum jemand kannte. Ich finde das völlig überzogen.

sueddeutsche.de: Sie haben die 100.000 Euro nicht gezahlt. Und Sarah Wiener zog gegen Sie vor Gericht.

Mertens: Wir haben uns mit unserem Anwalt Jesko Müller beraten. Dann ging es zum Landgericht nach Koblenz. Die Richter haben einen Betrag von 5000 Euro festgesetzt. Das ist schon akzeptabel. Andererseits hat uns das Foto von Wiener nichts genutzt, jedes andere lächelnde Mädchen wäre genauso gut gewesen.

sueddeutsche.de: Doch Sarah Wiener klagte weiter - bis vors Bundesverfassungsgericht.

Mertens: Davon wussten wir gar nichts. Da hat sie ja nicht gegen uns, sondern gegen die Gerichtsurteile geklagt. Das finde ich dann doch reichlich unangemessen. Zum Glück hat das Gericht das auch so gesehen.

sueddeutsche.de: Haben Sie nun einen neuen Werbeprospekt?

Mertens: Ja, klar.

sueddeutsche.de: Wieder mit einem Prominenten?

Mertens: Bei uns sind nie Promis auf den Prospekten. Nie! Und auch Frau Wiener ist nicht als Promi drauf gekommen, sondern weil sie nett gelächelt hat.

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