Mecklenburg-Vorpommern:Elfjähriger verschwindet aus Wanderzirkus

Seine Eltern nahmen Drogen, die Großeltern kamen nicht mit ihm klar, schließlich landete der elfährige Jeremie bei Pflegeeltern in einem Wanderzirkus. Nun ist der Junge geflüchtet - seine leiblichen Eltren erheben schwere Vorwürfe gegen die Pflegefamilie.

Katrin Kuntz

Im Sommer hat Louisa aus Oldenburg im Zirkus einen Jungen gesehen. Danach schreibt sie online ins Gästebuch: "Ich fand eure Vorstellung super! Ich war auch sehr begeistert von den Tieren. Ich find' Jeremy irgendwie süß".

Jeremie, der da in der Manege stand, ist elf Jahre alt. Er lebt seit 2009 bei einer Pflegefamilie mit sieben Kindern im Wanderzirkus Monaco. Seine Eltern nehmen Drogen, seine Großeltern kamen nicht mit ihm klar. Spricht man mit Verantwortlichen über Jeremie, sagen sie: "Schwer erziehbar". Am Dienstag verschwand ein Kleintransporter aus dem Zirkus. Jeremie ist damit - wohl nicht alleine - 100 Kilometer von Mecklenburg-Vorpommern nach Hamburg gefahren. Seitdem ist er verschwunden.

Der Neukirchener Erziehungsverein ist Träger des Zirkusprojekts. Viele Heime hatten den Jungen abgelehnt. Der Zirkus nahm ihn. "Jeremie ging es gut", sagt Sprecher Ulrich Neuschäfer. "Er hat freiwillig im Stall gearbeitet, Vertrauen gefasst in seine Fähigkeiten". Unterrichtsstoff bekam er per Internet. Einmal im Monat ging ein Mitarbeiter des Vereins vorbei. Eine pädagogische Ausbildung hatte die Pflegefamilie nicht. "Das haben andere Eltern auch nicht", sagt Schäfer. "Wir prüfen das."

Die Aufsicht über Jeremie führte das Bezirksamt Hamburg-Mitte. Probleme waren auch dort nicht bekannt. Ein Vormund war zuletzt im Oktober da. "Rückschläge gab es nur, wenn der Junge zu Besuch in Hamburg war", sagte eine Sprecherin. Deshalb durfte Jeremie dort nicht mehr hin. Die Entscheidung für den Zirkus sei auch gefallen, weil der Junge aus einer Roma-Familie stamme.

Jeremies Familie sagte laut Medienberichten, Jeremie habe oft "weinend angerufen", sei "geschlagen und ausgenutzt worden". Er soll sich aus Hamburg gemeldet haben, dass es ihm gut gehe. Jetzt sucht die Polizei nach ihm. Sein Vormund hat nun Anzeige wegen Kindesentführung gestellt.

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