Erfinder von Antiviren-Software:Volle Transparenz im Fall McAfee

Seit Wochen ist er auf der Flucht, verhöhnt die Polizei in seinem Blog und gibt Journalisten Interviews. Sein letztes Gespräch mit Reportern könnte allerdings das Ende von John McAfees Versteckspiel bedeuten. Verrieten Journalisten den Flüchtigen aus Versehen?

Von Johannes Boie

Er ist offenbar durchgeknallt, aber womöglich sind die Journalisten, die ihn begleiten, kaum besser beisammen. John McAfee, 67, war bis vor drei Wochen vielen Menschen nur ein Begriff, weil ihr Anti-Viren-Programm auf dem Computer so heißt wie er. Kein Wunder: er hat es erfunden.

Seit Mitte November jedoch flieht der Millionär, der sich nach dem Verkauf seines Unternehmens ein schönes Leben in Belize machen wollte, vor der Polizei in der ehemaligen britischen Kolonie. Sie sucht ihn im Zusammenhang mit dem Mord an seinem Nachbarn - nach offiziellen Angaben für eine Vernehmung. McAfee aber glaubt, die Polizei wolle ihn töten. Man weiß das, weil McAfee sich auch auf der Flucht häufig zu Wort meldet. Zuletzt hat ihn ein Reporter von CNN getroffen. In dem CNN-Video wirkt der Computerfachmann verwirrt, immerhin ist er nicht alleine: eine 20-Jährige ist bei ihm, eine seiner sechs Freundinnen.

Doch die Wahrscheinlichkeit, dass McAfee gefasst wird oder sich stellen muss, steigt. Denn zuletzt waren Rocco Castoro, Chef der Drogen-Waffen-Brüste-Zeitschrift Vice und ein Fotograf des Blattes zu Besuch. Und sie begingen einen verhängnisvollen Fehler: Während ihres Gesprächs fotografierte der Fotograf seinen Chef zusammen mit McAfee, wohl mit einem iPhone. Das Bild luden die Journalisten dann auf die Vice-Webseite hoch - ohne zu bedenken, dass digitale Bilder in der Regel die GPS-Daten ihres Aufnahmeortes beinhalten. Diese kann jeder, der das Bild aus dem Netz lädt, mit handelsüblicher Software auslesen. Nach den Positionsdaten zu urteilen, wurde das Bild auf guatemaltekischem Gebiet an der Grenze zu Belize aufgenommen.

Unabhängig von McAfees Schuld oder Unschuld ist das Verhalten der Journalisten ein kleines Lehrstück über digitalen Journalismus. Dass Reporter aus Versehen Quellen verraten, hat es schon früher gegeben. Doch im digitalen Zeitalter gibt es ganz neue Möglichkeiten, sich in dieser Hinsicht idiotisch zu benehmen.

Noch ist McAfee frei: Im Netz hieß es zunächst wenig glaubwürdig, die Positionsdaten des Fotos seien mit Absicht gefälscht worden. In seinem Blog whoismcafee.com bestätigt McAfee aber, dass Vice die Koordinaten veröffentlicht hatte. Er sei jetzt in Guatemala und wolle sich mit Beamten des Staates treffen. Viel mehr wird ihm nicht übrig bleiben. Bei vice.com scheint nun leichte Panik ausgebrochen zu sein. Links auf der Seite zum McAfee-Fall führen ins Leere. Lesbar war am Dienstagnachmittag nur die Überschrift eines Textes, und die lautet: "John McAfee: Mal ganz ehrlich, wir haben keine Scheiß-Ahnung was eigentlich los ist."

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