Ausschreitungen in Indien:Toter bei Protesten nach Gruppenvergewaltigung

Indische Polizei geht mit Wasserwerfern gegen Demonstranten vor

Indische Polizei geht mit Wasserwerfern gegen Demonstranten vor.

(Foto: AP)

Eskalierende Gewalt in Indien: Bei Protesten gegen sexuelle Übergriffe ist einem Bericht zufolge ein Mensch ums Leben gekommen. Im Bundesstaat Manipur erschoss die Polizei während einer Protestkundgebung einen Journalisten. Auslöser für die seit Tagen andauernden Ausschreitungen war die Vergewaltigung einer Studentin durch mehrere Männer.

Die Massenproteste in Indien haben einen traurigen Höhepunkt erreicht: Im Nordosten Indiens wurde ein Fernseh-Journalist bei einer Protestkundgebung erschossen. Die Einsatzkräfte hätten das Feuer in Imphal im Bundesstaat Manipur auf aufgebrachte Mitglieder von Film- und Kulturorganisationen eröffnet und ihn dabei tödlich getroffen, berichtete die Nachrichtenagentur IANS. Die Demonstranten forderten demnach die Festnahme eines Mannes, der eine Schauspielerin belästigt haben soll. "Die Polizei feuerte zunächst Tränengasgeschosse", sagte ein Polizist der Agentur. Nachdem ein Auto angezündet worden sei, habe die Polizei das Feuer eröffnet.

Auch in der Hauptstadt Delhi versammelten sich die Menschen wieder zu Massenprotesten. Trotz eines Demonstrationsverbots der Regierung schwoll die Menge nach Polizeiangaben auf mehrere Tausend Menschen an. Insgesamt wurden etwa 50 Menschen verletzt. Darunter sei auch ein Polizist, der von Steinen getroffen worden sei, berichtete die Nachrichtenagentur IANS. Krawallmacher hätten die Demonstration für ihre Zwecke benutzt, sagte ein Polizeisprecher. Die Einsatzkräfte reagierten mit Wasserwerfern und Tränengasgeschossen auf die Protestierenden, die Flaschen und Steine warfen und Autos umstürzten.

Nach der Vergewaltigung einer Studentin durch eine Gruppe von Männern in Delhi vor einer Woche wird Indien von massiven Protesten erschüttert. Auch am Samstag waren in der Hauptstadt Tausende Menschen auf die Straße gegangen. Die Polizei setzte Tränengas, Wasserwerfer und Schlagstöcke ein, als Demonstranten versuchten, Absperrungen zu durchbrechen, um zum Haus des Staatspräsidenten zu gelangen. "Wir wollen Gerechtigkeit" und "Hängt die Vergewaltiger", forderten die Menschen.

Opposition fordert Todesstrafe für Vergewaltigung

Die Führerin der oppositionellen Partei BJP, Sushma Swaraj, verlangte die Heraufsetzung des höchstmöglichen Strafmaßes für eine Vergewaltigung von lebenslänglich auf Todesstrafe. Innenminister Sushil Kumar Shinde sagte, die regierende Kongress-Partei werde überprüfen, ob die Strafen verschärft werden müssten. In Indien werden selten Todesurteile vollstreckt, in den vergangenen zehn Jahren wurden zwei Menschen hingerichtet.

Schon vor dem Demonstrationsverbot hatte die Regierung zur Ruhe aufgerufen und die Ausschreitungen kritisiert. "Das ist keine Art zu protestieren", sagte Vize-Innenminister R.P.N. Singh dem Sender CNN-IBN. "Der Versuch, Gebäude zu stürmen und Barrikaden niederzureißen, ist kein Weg, um einen Dialog zu beginnen."

Die 23-jährige Medizinstudentin war am Sonntag vor einer Woche von sechs Männern in einem Bus in Delhi vor den Augen ihres Freundes mehrfach vergewaltigt und mit einer Eisenstange schwer verletzt worden. Danach warfen die Täter das Paar aus dem fahrenden Bus. Die junge Frau befindet sich noch immer schwer verletzt im Krankenhaus.

Die Einwohnerzahl von Delhi wird auf 19 Millionen geschätzt. In diesem Jahr wurden 661 Fälle von Vergewaltigung aktenkundig. Die schnell steigende Zahl der Anzeigen erklärte Neeraj Kumar, ein hochrangiger Beamter in der Verwaltung von Dehli, gegenüber dem britischen Guardian damit, dass mehr und mehr Frauen sich stark genug fühlten, zur Polizei zu gehen.

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