Aus britischer Schlachtung:Schmerzmittel in Pferdefleisch nachgewiesen

Britische Behörden haben das Schmerzmittel Phenylbutazon bei in Großbritannien geschlachteten Pferden nachgewiesen. Fleisch von sechs Tieren ist möglicherweise in die Nahrungskette gelangt. In Deutschland findet auch die Supermarktkette Edeka Pferdefleisch in tiefgefrorener Lasagne.

In Großbritannien nahm der Skandal um Pferdefleisch in Rinder-Produkten seinen Anfang. Nun wurden in dort geschlachteten Pferden erstmals das Medikament Phenylbutazon nachgewiesen. Von Anfang an wurde eine Belastung mit dem Schmerzmittel als einzig mögliches Gesundheitsrisiko des verarbeiteten Pferdefleisches gehandelt.

Der britische Verbraucherminister David Heath sagte im Londoner Parlament, sechs mit Phenylbutazon belastete Pferde könnten womöglich von Großbritannien aus über Frankreich in die Nahrungskette gelangt sein.

Das Medikament wird bei Pferden unter anderem gegen Entzündungen eingesetzt und gilt auch als Doping-Mittel im Pferdesport. Beim Menschen ist das Schmerzmittel in der EU wegen mitunter schwerer Nebenwirkungen nur in Ausnahmefällen zugelassen. Nebeneffekt können unter anderem schwere Magenbeschwerden sein.

Die EU-Kommission hatte angekündigt, das bereits entdeckte Pferdefleisch auf mögliche Rückstände untersuchen zu lassen. Positive Proben gibt es jedoch bislang keine.

In Deutschland hat mittlerweile auch die Supermarktkette Edeka Pferdefleisch in Fertiggerichten gefunden. In dem Tiefkühl-Produkt "Gut&Günstig Lasagne Bolognese" seien bei Analysen in einzelnen Stichproben geringe Mengen Pferdefleisch gefunden worden, sagte ein Konzernsprecher. Der Artikel sei schon am Dienstag vorsorglich aus dem Verkauf genommen worden, nachdem der Lieferant eine mögliche Beimischung von Pferdefleisch nicht ausschließen konnte. Die beigemischte Menge liege allerdings nur bei einem bis fünf Prozent.

Eismann und Real nehmen Produkte aus Programm

Zuvor hatte die Firma Eismann eine verdächtige Lasagne aus dem Handel genommen. Ob in der Lasagne tatsächlich falsch deklariertes Pferdefleisch enthalten ist, wird aber derzeit noch untersucht. Ergebnisse sollen spätestens Anfang der kommenden Woche vorliegen. Das von dem Unternehmen vertriebene Produkt kam laut Ministerium über Nordrhein-Westfalen in den Südwesten.

Die Supermarktkette Real hatte zuvor eine Tiefkühl-Lasagne zurückgerufen, nachdem bei Stichproben Anteile von Pferdefleisch entdeckt worden waren. Auch in Brandenburg wurde vorsorglich Ware aus einem Zwischenlager sichergestellt. In dem märkischen Lager sei eine amtliche Probe genommen worden, die im Landeslabor Berlin-Brandenburg untersucht werde, hieß es.

Aus der Auswertung von Lieferlisten hatte sich ergeben, dass zwischen November 2012 und Januar 2013 über einen Zwischenhändler verdächtige Produkte in größerem Umfang nach Deutschland gekommen waren.

Alle Pferde in der Europäischen Union brauchen einen sogenannten Equidenpass, der für Pferde, Esel, Zebras und deren Kreuzungen gilt. Danach muss der Halter das zuständige Veterinär- und Lebensmittelüberwachungsamt über Änderungen informieren. Jedes Tier erhält eine zwölfstellige Registriernummer und einen Pass. Darin ist auch enthalten, ob es als Schlachttier geeignet ist. Tierärzte müssen dann verzeichnen, welche Medikamente und Impfungen gegeben werden.

Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner fordert Ermittlungen zur Aufklärung des Skandals. "Es verfestigt sich der Verdacht, dass in diesem beispiellosen Betrugsfall mit hoher krimineller Energie vorgegangen wurde", sagte die CSU-Politikerin. "Deshalb ist dieser Skandal nicht nur ein Fall für die Lebensmittelbehörden, sondern eindeutig auch ein Fall für Polizei und Justiz." Auch um das Ausmaß zu erfassen, sei ein europaweites Vorgehen nötig. "Wir haben es offenbar mit einem bislang einmaligen Fall von Verbrauchertäuschung zu tun."

Wie gefährlich ist Phenylbutazon?
  • Für in der EU geschlachtete und in die EU importierte Tiere gelten strenge Richtlinien über Arzneimittelrückstände im Fleisch.
  • Für das Mittel Phenylbutazon gibt es keinen Höchstwert, da das Medikament nie darauf untersucht wurde, wie gefährlich die Rückstände für den Menschen sind.
  • Es ist daher bei lebensmittelliefernden Tieren komplett verboten.
  • Das Schmerzmittel gehört derselben chemischen Familie an wie Aspirin oder Diclofenac und wird Pferden vor allem bei Entzündungen verabreicht. Es ist hochwirksam, da es sich an den betroffenen Körperstellen, z.B. Gelenken, stark anreichert.
  • Menschen erhalten nur in seltenen Fällen Phenylbutazon, da es besser verträgliche Schmerzmittel gibt.
  • Ob ein Pferd ein lebensmittellieferndes Tier ist, steht in seinem Equidenpass. Darin kann ein Besitzer auch eintragen, wenn ein Pferd nie geschlachtet werden darf. Dann kann das Tier medikamentös wie Hund und Katze behandelt werden, darf aber nie in die Nahrungskette gelangen.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: