Atom-GAU in Fukushima:Weitere Arbeiterin verstrahlt

Bei einer japanischen Helferin, die im havarierten Atomkraftwerk Fukushima gearbeitet hat, wird erhöhte Radioaktivität gemessen. Auch Muttermilch weist gestiegene Strahlung auf.

An der Atomruine von Fukushima ist eine weitere Arbeiterin stärker als zulässig verstrahlt worden. Wie der Stromkonzern Tepco am Sonntag mitteilte, bekam die Frau eine Strahlendosis von insgesamt 7,49 Millisievert ab. Erlaubt seien nur fünf Millisievert innerhalb von drei Monaten.

Atom-GAU in Fukushima: Blick ins Kühlungsbecken von Reaktor 4 im AKW Fukushima.

Blick ins Kühlungsbecken von Reaktor 4 im AKW Fukushima.

(Foto: AFP)

Zuvor war schon eine andere Arbeiterin unzulässig hoch verstrahlt worden. Die jetzt betroffene Frau betreute Arbeiter in dem AKW medizinisch. Sie habe bislang keine Gesundheitsprobleme und sollte am Montag einen Arzt besuchen, gab Tepco bekannt. Womöglich habe sie radioaktive Partikel eingeatmet, die von der Kleidung anderer Arbeiter stammten.

Es ist bei weitem nicht die einzige schlechte Nachricht: Der Atomberater der Regierung, Professor Toshiso Kosako von der University of Tokyo, ist unter Tränen und mit schweren Vorwürfen von seinem Amt zurückgetreten. Sein Vorwurf: Die Behörden und das Büro des Ministerpräsidenten Naoto Kan gehen unzureichend mit der Krise um. Beobachter werteten dies als einen Rückschlag für Kan.

Der gerät auch im Volk zunehmend in Misskredit. In einer Telefonumfrage der Nachrichtenagentur Kyodo hatten Ende März 63,7 Prozent Kan mangelnde Führungskraft bescheinigt. MIttlerweile denkt fast jeder vierte (23,6 Prozent), dass der Premier sofort zurücktreten sollte (Vormonat: 13,8 Prozent). Knapp 71 Prozent sagten, dass sie den Umgang der Regierung mit der Atomkrise nicht wertschätzten.

Derweil hat das japanische Unterhaus einen Extra-Haushalt in Höhe von vier Billionen Yen (umgerechnet etwa 33 Milliarden Euro) für den Wiederaufbau nach Erdbeben und Tsunami verabschiedet. Ein Großteil der Summe soll zur Reparatur von Straßen, Brücken, Häfen und anderer zerstörter Infrastruktur verwendet werden. Der Betrag übertrifft die Summe aller Investitionen, die im Etat der deutschen Bundesregierung für das laufende Jahr vorgesehen sind (32,3 Milliarden Euro).

Das Oberhaus des Parlaments soll den Sonderhaushalt an diesem Montag in Kraft setzen. Die Opposition hat Zustimmung signalisiert. Regierungschef Kan kündigte an, das Land werde sich im Kreis der G8-Staaten für eine verstärkte Förderung erneuerbarer Energien einsetzen.

Erhöhte Radioaktivität in der Muttermilch

Am Samstag meldeten Medien, dass zwei Männer bei ihren Einsätzen in der Atomruine von Fukushima fast den erlaubten jährlichen Strahlengrenzwert von 250 Millisievert erreicht hätten. Atombetreiber Tepco habe erklärt, dass 21 Arbeiter den Einsatz-Grenzwert von 100 Millisievert erreicht beziehungsweise überschritten hätten. In der Muttermilch von sieben Frauen fanden die Behörden eine geringe Menge an Radioaktivität. Sie liege allerdings unter dem Grenzwert. Für Babys bestehe keine Gefahr, meldete Kyodo unter Berufung auf das Gesundheitsministerium.

Ein schweres Erdbeben der Stärke 9,0 mit anschließendem Tsunami hatte das Atomkraftwerk Fukushima Eins am 11. März schwer beschädigt. Der Unfall hat große Mengen Radioaktivität freigesetzt. Weite Landstriche sind seither unbewohnbar, Zehntausende Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Radioaktiv verseuchtes Kühlwasser floss in den Pazifik. Fische und Pflanzen wurden verstrahlt. Bei der Katastrophe waren nach offiziellen Angaben 14.616 Menschen ums Leben gekommen, 11.111 gelten als vermisst.

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