Zweifel an Erbe:Nachlassgericht prüft obskures Testament

  • Ein schwer krankes Ehepaar hat einem obskuren Hilfsverein sein Erbe vermacht: rund 2,2 Millionen Euro.
  • Das Nachlassgericht prüft nun, ob bei dem - sehr kurzen - Testament alles mit rechten Dingen zugegangen ist.
  • Die Senioren gaben das Testament ihrem Hausarzt, dessen Sohn Vizepräsident des Vereins ist.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Sie lebten extrem zurückgezogen und fast wie Messies - doch bei sieben Geldinstituten stapelte sich ein stattliches Vermögen, das ihnen gehörte. Über rund 2,2 Millionen Euro verfügte ein schwer krankes Münchner Ehepaar, bis es das Geld mit sechs dürren Zeilen in krakeliger Handschrift einem obskuren Hilfsverein vermachte, der sich das Glück von Kindern und Tieren auf die Fahnen geschrieben hat.

Den Zettel drückten die alten Leute ihrem Hausarzt in die Hand. Dessen Sohn ist der Vizepräsident des Vereins. Und dieser e. V. hat seinen Sitz im selben Haus, in dem der Bruder des Hausarztes eine Arztpraxis unterhält. Derzeit prüft das Nachlassgericht, ob bei diesem Testament alles mit rechten Dingen zugegangen ist.

"Es war gruselig"

Betreuer und Verwandte schilderten, dass die betagten Eheleute in ihrem Bogenhausener Haus trotz ihres vielen Geldes offenbar unter problematischen Verhältnissen lebten. Die Rollläden seien ständig heruntergelassen gewesen, die Zimmer vollgestopft und fast unbewohnbar, der Garten völlig verwahrlost. "Es war gruselig", schrieb eine Halbschwester der Erblasserin ans Amtsgericht.

Die 1933 geborene Frau litt unter Demenz vom Typ Alzheimer, der ein Jahr ältere Ehemann war schwer krebskrank. Der Hausarzt betreute das Paar insgesamt drei Jahrzehnte. Kurz vor einer Klinikweisung habe der Mann ihm im Jahr 2010 das Testament gegeben: "Bitte heben sie es auf, damit es nicht verloren geht." Der Mann war bald darauf dem Krebs erlegen und die Ehefrau in ein Pflegeheim gekommen, wo sie im Dezember 2014 gestorben ist.

Heime, Pfleger und Ärzte dürfen nichts annehmen

Rechtsanwältin Michaela Geissler lässt nun das Testament überprüfen: Die Verstorbenen hätten keinerlei Beziehungen zu dem Verein gehabt, der nun alles erben soll. Zuwendungen an Heime und Pfleger seien aus gutem Grund untersagt, meint die Juristin. Analog gelte das für behandelnde Ärzte: "Dem Hausarzt ist es untersagt, geldwerte Vorteile anzunehmen." Die Verfügung zugunsten eines Vereins, der ganz offensichtlich keinerlei gemeinnützige Tätigkeit entfalte und von den nächsten Verwandten des Hausarztes verwaltet werde, "verstößt jedenfalls gegen die guten Sitten", sagte die Anwältin.

Dem Amtsgericht liegt bereits ein psychiatrisches Gutachten vor, dass die Ehefrau bei der Unterschrift nicht mehr geschäftsfähig gewesen sei. Dann würde im Rahmen der gesetzlichen Erbfolge das Geld an die Verwandtschaft fallen.

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