Zwei Grüne machen Karriere:Parteibuch? Hat noch nie geschadet

An diesem Mittwoch soll ein weiterer Grünen-Politiker einen Karrieresprung hinlegen: Boris Schwartz soll Kommunalreferent werden - das empört die CSU. Dabei hat sie früher auch eigene Leute in Ämter gebracht.

Dominik Hutter und Silke Lode

Es gibt Sätze, die wohl jeder Politiker unterschreiben kann. Zum Beispiel diesen: Niemand darf wegen seines Parteibuchs benachteiligt werden. Den Grünen war dieses Bekenntnis so wichtig, dass sie es extra in ihrer Jahres-Pressekonferenz erwähnten.

20 Jahre Rot-Grün im Münchner Rathaus, 2010

Hand drauf: Christian Ude (SPD), Hep Monatzeder und Siegfried Benker (beide Grüne, von oben) 2010 bei der Feier zum 20-jährigen Bestehen von Rot-Grün.

(Foto: Stephan Rumpf)

Bei guter Qualifikation, so betonte Fraktionschefin Lydia Dietrich, könne und dürfe eine Parteimitgliedschaft bei den Grünen "kein Ausschlusskriterium" bei der Besetzung eines Postens sein. Dietrichs Worte waren eine Reaktion auf die aktuell im Rathaus tobende Debatte über echte und vermeintliche Spezlwirtschaft.

Bisher ist freilich in München kein Fall bekannt geworden, bei dem eine Mitgliedschaft in einer Regierungspartei schädlich für die Karriere gewesen wäre. In der SPD kursierten dennoch unmittelbar nach der Klinik-Affäre Scherze à la "aus dem wird nichts mehr, der hat schließlich ein Parteibuch."

Chuzpe könnte man das nennen - angesichts der Folgen, welche die parteipolitisch motivierte Besetzung der Klinik-Chefriege hatte. Die CSU, auf Landesebene der Spezlwirtschaft nicht eben unverdächtig, wittert inzwischen einen "rot-grünen Selbstbedienungsladen".

Tatsächlich wird aller Voraussicht nach an diesem Mittwoch ein weiterer Grünen-Politiker einen Karrieresprung hinlegen: Boris Schwartz soll Kommunalreferent werden - was die CSU sehr erbost. Dabei wurden die Posten der "Stadtminister" schon immer nach Parteibuch vergeben. Als die CSU es 1987 schaffte, Hans-Peter Uhl (CSU) gegen Christian Ude (SPD) als Kreisverwaltungsreferenten durchzusetzen, galt die CSU-Mitgliedschaft keineswegs als verwerflich.

Und als im Rathaus noch Erich Kiesl regierte, war große Nähe zu Münchens bislang einzigem CSU-OB zumindest nicht wirklich schädlich für die Karriere: Aus Kiesls OB-Büro avancierten später Helmut Pfundstein zum Chef der Großmarkthalle und Manfred Wutzlhofer zum Geschäftsführer der Messe München.

Für die heutige CSU gelten offenbar andere Maßstäbe. Fraktionschef Josef Schmid pocht darauf, dass die Gemeindeordnung für Stadt- und Gemeinderäte keine Aufteilung in Regierung und Opposition vorsehe. "In München wird das unter Ude aber so gehandhabt", moniert Schmid. Auch die Referenten seien lediglich kommunale Wahlbeamte - mit Ministern nicht vergleichbar. "Aber Ude zieht das durch", meint Schmid. "Er besetzt alle Referentenposten nach Parteibuch, die CSU-Referenten wurden rausgewählt."

Natürlich gibt es aus Sicht der Politiker viele gute Gründe, einen der ihrigen in Amt und Würden zu hieven. Einer davon: Man kennt die Person und ihre Qualitäten. "Formale akademische Qualifikationen sagen wenig über die Eignung aus, eine Behörde zu leiten", hat Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) festgestellt. "Man kann auch bei der Vorstellung einem Bluff erliegen".

Wie angenehm ist es da doch, wenn man schon jahrelang vertrauten Umgang gepflegt hat - wie mit Grünen-Fraktionschef Siegfried Benker, der sich am 31. Januar im Aufsichtsrat als potentieller Nachfolger von Münchenstift-Chef Gerd Peter vorstellt - voraussichtlich als einziger Kandidat. Eine erstklassige Personalie, findet Ude.

Inzwischen haben mehr als 20 Jahre Rot-Grün unübersehbare Spuren in den Chefetagen diverser städtischer Unternehmen hinterlassen. Ob Wohnungsbaugesellschaft, Stadtwerke oder Sparkasse - das Rathaus geht gerne auf Nummer sicher, um die eigenen politischen Vorstellungen auch in den städtischen Unternehmen wiederzufinden. "Wenn einer der unsrigen Interesse an einem städtischen Spitzenposten hat, werden wir ihn unterstützen", sagen sogar die jungen Münchner Grünen-Chefs Katharina Schulze und Sebastian Weisenburger.

Die entsprechende Qualifikation natürlich vorausgesetzt. "Man kennt ihn, man weiß, er macht gute Arbeit". Und wenn sich niemand aus der Partei für den Posten interessiert? Dann gibt es eine offene Ausschreibung. Wie für die Chefposition der Münchner Gesellschaft für Stadterneuerung MGS, die dieses Jahr frei wird, Helmut Steyrer geht in den Ruhestand. Er war früher Grünen-Stadtrat.

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