Zuwanderung:Im Schatten des Reichtums

Die Stadt München wächst - damit steigen auch die Sozialausgaben stark an

Von Sven Loerzer

Wegen des anhaltenden Bevölkerungswachstums muss sich die Landeshauptstadt auf steigende Sozialausgaben einstellen. So wird das Sozialreferat im kommenden Jahr mit rund 1,3 Milliarden Euro gut zwölf Prozent mehr Geld ausgeben müssen, als noch im Jahr 2014. In allen wichtigen Aufgabengebieten ist in diesem Jahr die Zahl der Menschen gestiegen, die auf Unterstützung angewiesen sind.

Weil die Einwohnerzahl Münchens inzwischen 1,5 Millionen überschritten hat und weiter klettert, rechnet Sozialreferentin Brigitte Meier mit wachsenden Ausgaben auch dann, wenn sich gesellschaftliche Problemlagen nicht verschärfen. So ist die Zahl der Menschen, die auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen sind, allein im ersten Halbjahr 2015 um 2,6 Prozent auf rund 76 600 angewachsen. "Die gute wirtschaftliche Lage kommt nach wie vor nicht bei ihnen an", sagt Meier. Bis zum Jahresende dürften es Prognosen zufolge rund 79 000 sein. Das Jobcenter München rechnet damit, dass es sich schon bald um bis zu 7000 Flüchtlinge mit Bleiberecht wird kümmern müssen.

Knapp 14 000 Münchner bezogen zum Ende des ersten Halbjahres Grundsicherung im Alter, weil ihre Rente nicht zum Leben reicht. Ihre Zahl wird weiterhin um etwa fünf Prozent jährlich steigen. In die gleiche Richtung, aber deutlich langsamer, zeigt die Entwicklung bei jenen Menschen, die wegen Erwerbsminderung etwa durch psychische Erkrankungen auf Grundsicherung angewiesen sind. Die Zahl der Betroffenen dürfte am Jahresende bei rund 3800 liegen, 200 mehr als noch zu Beginn.

Seit 2008 klettert auch die Zahl der Wohnungslosen Jahr für Jahr weiter nach oben. Waren es damals knapp 2500, so sind es in diesem Jahr erstmals doppelt so viele. 5300 Menschen haben keine dauerhafte Bleibe, sondern sind in Pensionen, Notquartieren, Clearinghäusern und anderen Unterkünften untergebracht oder leben sogar auf der Straße. Betroffen von der Notunterbringung sind auch immer mehr Kinder und Jugendliche, ihre Zahl kletterte im ersten Halbjahr 2015 von 1237 auf 1414. Dazu hätten vor allem der anhaltende Zustrom großer Familienhaushalte und der Zuzug aus den neuen EU-Beitrittsländern geführt. Da etwa 50 Prozent der Flüchtlinge eine Bleibeperspektive hätten, sei "bei den steigenden Flüchtlingszahlen von einem weiteren Anstieg der Wohnungslosigkeit auszugehen", befürchtet Brigitte Meier, "wenn es nicht gelingt, Flüchtlinge nach Abschluss des Asylverfahrens in Wohnraum zu vermitteln".

Immer knapper aber wird das Angebot an zu vergebenden Sozialwohnungen: Waren 2014 noch 3700 Wohnungen im Laufe des Jahres neu zu vermieten, erwartet das Sozialreferat in diesem Jahr nicht einmal mehr 3000 Wohnungsvergaben. Die hohe Nachfrage auf dem frei finanzierten Wohnungsmarkt führe dazu, dass immer seltener Mieter aus Sozialwohnungen ausziehen. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Haushalte, die für eine Sozialwohnung registriert sind, im ersten Halbjahr um zwei Prozent auf 12 800 erhöht.

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