Zum Unicef-Bericht über Kinderarmut:Hungrig in die Schule

Die Zahl der Härtefälle und der sozial schwachen Haushalte wächst: Immer mehr Kinder und Jugendliche kommen hungrig in Schulen, Horte und Kindergärten.

Claudia Wessel und und Sarah Wessel

19.615 Kinder und Jugendliche bis 15 Jahre leben in der Landeshauptstadt vom Sozialgeldbezug. 14.381 von ihnen sind unter zehn Jahre alt, 5234 zwischen zehn und 15 Jahren. Die Zahlen sind stetig gestiegen. Im Januar 2007 waren es noch 19.184, vor zwei Jahren 18.099, vor drei Jahren 15.467, so die Zahlen der Bundesagentur für Arbeit.

Zum Unicef-Bericht über Kinderarmut: Viele Eltern können sich die Schulspeißung nicht leisten: Aktion "Schülerlunch" der Süddeutschen Zeitung

Viele Eltern können sich die Schulspeißung nicht leisten: Aktion "Schülerlunch" der Süddeutschen Zeitung

(Foto: Foto: Catherina Hess)

Sozialreferent Frieder Graffe spricht von einer wachsenden Zahl an "Härtefällen". So kommen immer mehr Kinder und Jugendliche hungrig in Schulen, Horte, Kindergärten oder Freizeitheime, weswegen hier zunehmend Essen ausgegeben und Mittagstische eingeführt werden. Mit der Aktion "Schülerlunch" beteiligt sich auch der Adventskalender der Süddeutschen Zeitung daran. Viele Eltern können nämlich nicht einmal die meist geringen Gebühren für das Mittagessen aufbringen. Kinder kommen, so Sozialreferent Graffe, überdies in "nicht den Jahreszeiten entsprechender Kleidung" zur Schule.

"Kinderarmut ist oft versteckt"

Im Jahr 2005 wurden daher 1,5 Millionen Euro an Einzelfallhilfen für Kinder und Jugendliche sowie Zuschüsse für Hilfsprojekte ausgegeben. Unter anderem dafür, zahlreiche Familien von den Gebühren für Horte und Kindergärten zu befreien. Trotz aller Hilfen hat "in den letzten zwei Jahre eine Entwicklung stattgefunden, die befürchten lässt, dass auch in München immer mehr Familien und Kinder von Armutsrisiken betroffen sind", so Graffe.

In den westlichen Bundesländern geht man von 7,2 Prozent überschuldeter Haushalte aus. Auf München umgerechnet, so Graffe, seien dies rund 55.000 Haushalte. Eine der aufgrund dessen beschlossenen Maßnahmen war etwa die "Sonderzahlung beim Schuleintritt für Kinder aus armen Familien". Alle Schulanfänger, die Sozialgeld beziehen, erhalten zum Schulanfang 100 Euro.

Die Rektorin der Grundschule an der Fürstenrieder Straße sieht ein weiteres Problem: "Kinderarmut ist oft versteckt", sagt Christine von Sprenger, "man sieht es den Grundschülern nicht an, ob sie aus armen oder reichen Familien kommen.

Aber auffallend bei Kindern aus unteren sozialen Einkommensschichten ist die schlechte Ernährung." Und leider gibt es, neben unbestreitbarer Not, noch ein weiteres Problem: das Desinteresse vieler Eltern am Wohl ihrer Kinder, die hungrig oder nicht warm genug gekleidet in die Schule kommen. Und dagegen helfen auch städtische Subventionen nichts.

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