Zeugnisvergabe:Noten für München

Stets bemüht - aber nicht immer erfolgreich: Die SZ vergibt Zeugnisse für die Stadt, einige ihrer Phänomene und prominente Bewohner. Nicht überall ist alles eitel Sonnenschein.

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Zeugnisvergabe:Noten für München

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Quelle: SZ

Endlich ist Schluss mit der Büffelei: Am heutigen Freitag starten rund 180.000 Schüler in München und 1,9 Millionen in Bayern in die Sommerferien. Sechs Wochen lang können sich die Kinder und Jugendlichen sowie die etwa 100.000 bayerischen Lehrer auf die faule Haut legen.

Falls die Noten nicht wunschgemäß ausfallen oder gar eine Ehrenrunde ansteht, ist das kein Drama: Es sind auch schon Leute wie Bundesfinanzminister Peer Steinbrück und der ehemalige Ministerpräsident Edmund Stoiber sitzengeblieben. Von der SZ-Lokalredaktion bekommen in diesem Jahr erstmals auch Münchner Institutionen, Projekte und Prominente Zeugnisse. Wie sich zeigte, ist auch da nicht alles eitel Sonnenschein.

Fotos: rob (3), ahed, ddp, dpa (2)

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Zeugnisvergabe:Hoch und Tief

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Quelle: SZ

Großes Wehklagen bei Bademeistern, Touristen, Bauern, Wirten, Kioskbesitzern, Bademodenverkäufern und Open-Air-Kinobetreibern. Und noch viele andere, denen es leicht die Bilanz verhageln kann, sind nicht sonderlich gut zu sprechen auf diesen Sommer. Was er bislang gezeigt hat, war eine sehr durchwachsene Vorstellung. Nach vorbildlich heißen Tagen kam stets ein Leistungsknick zu unpassender Zeit. Entweder stürzte genau zum arbeitsfreien Wochenende die Temperatur um satte zehn Grad ab. Oder es schoben sich am Feierabend saftige Gewitter über die Stadt. Wer noch schnell in den See springen wollte, brauchte für die Erfrischung gar nicht erst ins Wasser zu steigen. Das kam von oben und freute allenfalls die grässlichen Mücken, die in den Pfützen munter brüten konnten. Verabredungen im Biergarten ließen sich auch schon mal besser planen. Nun ist aber lediglich eine Zwischenbilanz möglich, der Sommer hat ja noch ein paar Wochen Zeit, um seine bislang ungenügenden Leistungen wettzumachen. Das sollte man ihm zutrauen, deshalb Note 3.

Text: chro

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Zeugnisvergabe:Unmünchnerisch

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Quelle: SZ

Es ist wirklich nichts dagegen einzuwenden, wenn sich der Mensch ganz und gar der Sonne hingibt. In München tut er das unter anderem im Englischen Garten auf der Wiese westlich des Schwabinger Bachs, auf der auch das sandige Oval der Reiter liegt. Und kaum ein München-Führer vergisst diese Attraktion (nicht das Oval, die Nackerten) zu würdigen. Nun ist nicht alles, was hier liegt, von der Natur dazu ausersehen, bei anderen Menschen Bewunderung zu erwecken, manches sogar eher dazu, dass diese am liebsten eine Decke (Pferdedecke?) klauen und darüber werfen wollten, damit die Augen der Flaneure verschont werden von solchem Anblick. Das geht aber bei jenen männlichen Nackerten nicht, die (manchmal nicht nur) mit stolz geschwellter Brust auf und ab wandern, um ihr Paradestück vorzuführen. Sicher, ein echter Exhibitionist würde sich eine Umgebung suchen, in der es auffällt, wenn er den Mantel lüftet. Weil solcherart Benehmen wirklich nichts mit Sonnenbaden zu tun und schon gar nichts Münchnerisches an sich hat, werden diese Vorzeiger für ihr Benehmen bestraft, wie es sich gehört: Note 6

Text: fok

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Zeugnisvergabe:Abgebrüht

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Quelle: SZ

Alfons Schuhbeck hält es sicherlich auch mit dem Monaco Franze: ,,A bisserl was geht immer'', und manchmal geht ja auch noch ein bisschen mehr. Längst hat man sich daran gewöhnt, dass es unter dem blauen Logo Gewürzläden gibt und Eis, Kochbücher, Tees und Weine. Und auch dass das Platzl ohne Schuhbecks Wirtshäuser nur eine karge Ödnis sein würde, hat man als Münchner schließlich akzeptiert. Doch neuerdings hat sich der Meister der Gewürze und Verfechter frischer Zutaten in einen Bereich vorgewagt, den man ihm eigentlich nicht zugetraut hätte: in die Dosensuppen-Branche. Nun ist es eigentlich nichts Neues, dass Spitzenköche mit ihrem Namen für allerlei Fertiggerichte werben. Die Verbraucherorganisation ,,Foodwatch'' prangert das von Schuhbeck so hochgelobte Süppchen jedoch als ,,teuren Etikettenschwindel mit einem bekannten Namen'' an: Die Zutatenliste, so Foodwatch, unterscheide sich kaum von einer herkömmlichen Fertigsuppe, koste aber ein Vielfaches. Für den Maître vom Platzl deshalb: Note 4

Text: cwa

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Zeugnisvergabe:Fleißaufgabe

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Quelle: SZ

Baggern an der Isar ist seit fast zehn Jahren ein Leitmotiv von Stadt und Freistaat, und man kann das durchaus im doppeldeutigen Sinne verstehen. Was als Zwangsehe begann, ist inzwischen zu einem charmanten Geturtel zwischen den beiden Partnern des ,,Isarplans'' geworden. Letzterer gibt dem Fluss innerhalb der Stadt wieder mehr Freiraum. Das Gegrabe sorgt außerdem dafür, dass Hochwasser der Stadt nicht mehr viel anhaben können. Wer nun wissen will, wie die Renaturierung bei den Münchnern ankommt, braucht nur einmal an einem lauen Sommerabend vorbeizuschauen. Überall wird gebaggert. Note 2

Text: ruh

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Zeugnisvergabe:Tunnelblick

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Quelle: SZ

Das neue Bauwerk unter der Richard-Strauss-Straße besticht durch ein angenehmes Erscheinungsbild, erfüllt aber die ihm gestellten Aufgaben noch nicht zur vollsten Zufriedenheit seiner Nutzer. Zwar kommt der Tunnel durchaus mit dem eigentlichen Kernproblem - den einstigen Staus an den Kreuzungen zur Prinzregenten- und Einsteinstraße - zurecht. Seine Leistung wird aber durch störende Einflüsse aus der Nachbarschaft empfindlich gemindert. Besonders negativ wirkt sich die Nähe zur Ampel an der Ifflandstraße aus, die den Tunnel daran hindern könnte, das Klassenziel zu erreichen. Note 3-

Text: dh

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Zeugnisvergabe:Unverbesserlich

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Quelle: SZ

Besserung wurde stets gelobt, aber es ist offensichtlich ein hoffnungsloser Fall. Es geht um eine der schönsten Stellen der Stadt: Hier ist die Oper, da die Residenz und dort die Prachtfassade der ehemaligen Hauptpost. Die Fläche davor - der Max-Joseph-Platz - hat den Namen Platz nicht verdient. Das Areal ist voll von Autos sowie einem hässlichen Schilderwald, und es ist zur Tiefgaragen-Rampe verkommen. Schon möglich, dass es verkehrs- und bautechnische Probleme gibt, wenn man etwas ändern würde. Der Stadtrat beauftragte die Verwaltung Lösungen auszuarbeiten. Was hat sich bewegt? Nichts, rein gar nichts. Note 6

Text: dü

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Zeugnisvergabe:Eifrig

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Quelle: SZ

Die Leistung der Polizei bewegt sich auf hohem Niveau. München ist nach wie vor eine der sichersten Großstädte in Europa. Vom Taschendieb bis zum Mörder kann sich kaum ein Straftäter dem Zugriff entziehen - die Polizisten arbeiten höchst effizient. Was bei Bagatelldelikten, etwa im Straßenverkehr, auch Rad- und Autofahrer zu spüren bekommen. Allerdings ist auch das Betragen der motorisierten Polizei nicht immer vorbildlich. Bei Einsatzfahrten mangelt es ist immer an Aufmerksamkeit. Monat für Monat sind Streifenwagen in Unfälle verwickelt, voriges Jahr waren es 45. Das trübt die Gesamtleistung: Note 2-

Text: chro

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Zeugnisvergabe:Kein Scheinheiliger

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Quelle: SZ

Man erkennt den frommen Kirchenmann oft schon an seiner Rede. Da werd-en die Endsilb-en in der Predigt in salbungsvollem Singsang gnadenlos ausformuliert, da wird eine Sprache gesproch-en, deren Metaphorik penetrant an die Bergpredigt erinnert, deren Wortgewalt aber nie erreicht. Schon die Ansprache ,,Liebe Brüder und Schwestern im Herrn'' geht einem auf den unheiligen Geist, weil man nun wirklich nicht des einen oder anderen Mitgläubigen Bruder oder Schwester sein, sondern ihm respektive ihr einmal ganz gehörig die Predigt halten möchte. Münchens Oberhirte Erzbischof Reinhard Marx ist da anders. Ungeachtet einiger arg ins Konservative lappenden Tendenzen pflegt er das gesprochene Wort in solch unklerikal zeitgemäßer Art, dass er sozusagen auf Ohrenhöhe mit jedem Manager oder sonstigen Apologeten neuwirtschaftsdeutscher Formulierungskunst mithalten kann. Dazu kommt, dass er unlängst sogar eine ganz unheilige Messe auf dem Messegelände eröffnen wollte, was nur eine Krankheit verhinderte und er in der Fastenzeit raucht, was ihn fehlbar, also menschlich macht. Für profanes Betragen: 1

Foto: fok

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Zeugnisvergabe:Augenweide

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Quelle: SZ

Das ist ein wahres Schatzkästchen und eine Bereicherung des Pinakotheken-Quartiers in der Maxvorstadt. Sprechen wir nicht vom Inhalt des Brandhorst-Museums, denn über moderne Kunst kann man sich bekanntlich trefflich streiten. Aber diese Fassade! Die Hülle des Museums besteht aus zwei farbigen Lagen. Da ist zunächst eine Metallverkleidung, die in zwei verschiedenen Tönen beschichtet ist. Darüber liegt dann das dichte Raster der 36000 Keramikstäbe mit ihren insgesamt 23 Farben, die nach einem genau vorgegeben Muster geordnet sind. Die Namen, die das Architektenbüro Sauerbruch Hutton den Farbfamilien gegeben hat: Bad Bruise, Deep Peach und Ruben's Flesh. Diese Haut muss man sich genau betrachten - je nach Winkel und Entfernung wirkt sie ganz anders, als wenn man direkt davor steht. Große Architektenkunst ist das, obwohl die Fassade auch eine banale Funktion hat: Sie macht das Gebäude energieeffizient und dient zudem der Umgebung als Schallschutz vor dem tosenden Autolärm. Note 1

Text: dü

Fotos: rob (3), ahed , ddp, dpa

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