Jugendhilfezentrum in Pasing:Rebellierende Jugendliche, überfordertes Personal

Jugendhilfezentrum in Pasing: Das Jugendhilfezentrum in der Pasinger Scapinellistraße bleibt vorerst geschlossen.

Das Jugendhilfezentrum in der Pasinger Scapinellistraße bleibt vorerst geschlossen.

(Foto: Stephan Rumpf)

Weil die Vorfälle im Zentrum für schwerst verhaltensauffällige Jugendliche so schwerwiegend waren, musste das stark gesicherte Haus schließen. Jetzt soll ein neuer Träger das Haus leiten, als Kapitulation will das Jugendamt das jedoch nicht verstanden wissen.

Von Sven Loerzer

Das Jugendhilfezentrum in der Pasinger Scapinellistraße, das die Stadt im Dezember nur acht Monate nach der Eröffnung wieder geschlossen hat, wird frühestens in der zweiten Jahreshälfte wieder in Betrieb gehen. Aus dem Heim, in dem bis zu 14 extrem verhaltensauffällige Jugendliche zwischen zwölf und 17 Jahren maximal drei Monate geschlossen untergebracht werden sollten, waren immer wieder Jugendliche entwichen.

Außerdem kam es zu mehreren Anzeigen wegen Sachbeschädigung, Diebstahl und Körperverletzung. Stadtjugendamtschefin Maria Kurz-Adam plant nun, den Betrieb der Einrichtung nicht mehr mit städtischem Personal, sondern einem in der Arbeit erfahrenen freien Träger weiterzuführen. Bauliche Veränderungen sollen erkannte Problemstellen beseitigen. Die zwölf städtischen Mitarbeiter müssen auf andere Stellen wechseln.

Offiziell hieß es im Dezember, die neue Einrichtung werde vorübergehend geschlossen, um das "pädagogische Konzept fein zu justieren". Tatsächlich waren die Vorfälle in dem stark gesicherten Haus und der Umgebung derart schwerwiegend, dass das Jugendamt gar keine andere Wahl mehr hatte. Das Personal war offenbar völlig überfordert mit den schwierigen Jugendlichen, die gegen die geschlossene Unterbringung rebellierten. Um einen Neustart nicht wieder im Desaster enden zu lassen, holte sich das Jugendamt die Beratung der Planungsgesellschaft Petra.

Nach einem intensiven Prüfprozess will Maria Kurz-Adam zusammen mit Sozialreferentin Brigitte Meier dem Stadtrat nun im Mai vorschlagen, den Betrieb des Jugendhilfezentrums an einen freien Träger zu vergeben, der bereits langjährige Erfahrung im Umgang mit Jugendlichen in geschlossener Unterbringung hat.

"Beste Lösung für die herausfordernde Arbeit"

Die Jugendamtschefin will das jedoch nicht als Kapitulation vor einer schwierigen Aufgabe verstanden wissen, sondern als "beste Lösung für die herausfordernde Arbeit mit schwerst belasteten Kindern und Jugendlichen". Für die Vergabe an einen freien Träger zeichnet sich jetzt auch politische Unterstützung ab. In einem gemeinsam formulierten Antrag haben die Stadtratsfraktionen von SPD und Grünen gefordert, die Frage der Trägerschaft noch einmal auf den Prüfstand zu stellen.

Allerdings braucht es für einen Wechsel der Betriebsträgerschaft Zeit: Wenn der Stadtrat dies im Mai grundsätzlich beschließt, kann das Jugendamt daraufhin das sogenannte Interessensbekundungsverfahren einleiten, um einen Träger zu suchen. In Frage kommen nur einschlägig engagierte Träger. Aus der näheren Umgebung sind dies zum Beispiel die Caritas mit dem Mädchenheim in Gauting und das Jugendwerk Birkeneck in Hallbergmoos mit einer geschlossen geführten Gruppe für Jungen.

Auch wenn der Stadtrat noch vor der Sommerpause über die Auswahl des Trägers entscheiden sollte, dürfte eine Eröffnung in der zweiten Jahreshälfte ein ehrgeiziges Unterfangen sein, räumte die Jugendamtschefin ein. Bauliche Veränderungen könnten nur zum Teil bereits jetzt angegangen werden. So sei ein Ballwurfzaun und ein Sichtschutz durch eine Hecke nötig, die Sicherheitsschlösser müssten ebenso wie zu schwache Türen nachgerüstet werden.

Nur in Absprache mit dem neuen Träger aber könne geklärt werden, ob Räume umgestaltet werden müssen, zudem müsse dieser erst einmal neues Personal gewinnen. Anders als sonst wird sich der Träger auch verpflichten müssen, "keinen Jugendlichen abzuweisen", um so die Funktion einer Clearingstelle zu erfüllen. Sie soll sich in enger Zusammenarbeit mit der Kinder- und Jugendpsychiatrie darum kümmern, Jugendliche, die sich bislang allen Angeboten entzogen haben, in der Regel innerhalb von drei Monaten in eine andere geeignete Hilfeform zu vermitteln. Maria Kurz-Adam versprach auch, die von den Nachbarn kritisierte Informationspolitik zu verbessern.

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