Zamdorf:Konflikt auf der grünen Wiese

Das Wohnquartier in Zamdorf werde die Nachbarn nicht belasten, versichern Investoren und Stadtverwaltung. Die Anwohner jedoch bleiben kritisch, sie befürchten mehr Staus und lehnen das geplante Hochhaus ab

Von Ulrike Steinbacher, Zamdorf

Die lauteste Unterstützung bekam die Frau, die konstatierte, dass Autofahrer zu den Stoßzeiten von Zamdorf nach Berg am Laim heute schon eine halbe Stunde brauchen, um 800 Meter weit zu fahren. Wenn jetzt neue Wohnungen und Büros gebaut würden, argumentierte sie, dann werde künftig gar nichts mehr gehen. Zustimmung erntete auch die Anwohnerin, die ihre Kritik an dem Hochhaus, das die Architekten planen könnten, in die rhetorische Frage kleidete: "Wohnen die auch hier?" Höhnisches Gelächter hingegen schallte den Vertretern der Stadtverwaltung entgegen, die versicherten, dass ein Hochhaus in Zamdorf vertretbar sei und außerdem "die Verkehrsmengen leistungsfähig abgewickelt werden können".

Knapp hundert Nachbarn waren zum Informationsabend von Dibag Industriebau AG, Planungsreferat und Bezirksausschuss Bogenhausen gekommen, um zu erfahren, wie die große Wiese an der Ecke Eggenfeldener und Hultschiner Straße bebaut wird. Der größte Teil der sechs Hektar gehört der Dibag, die übrigen Flächen einem weiteren Privateigentümer und der Stadt. Dort sollen 380 Wohnungen entstehen, 315 davon in einem allgemeinen Wohngebiet in der größeren Osthälfte, der Rest im Westen des Areals, wo ein Kerngebiet mit Büros und Läden geplant ist. Die vier- bis fünfgeschossigen Gebäude sollen um drei kompakte Höfe gruppiert werden, eine Lärmschutzwand sie von der Passauer Autobahn A 94 abschirmen. Längere Abbiegespuren sollen den Verkehr auf der Eggenfeldener und der Hultschiner Straße entzerren, am Rand des Baugrundstücks wird eine Trasse für die Verlängerung der Straßenbahn Richtung Daglfing freigehalten. Eigentumswohnungen seien nicht geplant, sagte Sebastian Kuhlen, der Leiter Standort- und Projektentwicklung bei der Dibag. "Wir entwickeln ganz überwiegend für die Vermietung."

Zamdorf: Betonwüste statt grüner Idylle? Knapp 400 Wohnungen sollen an der Eggenfeldener Straße entstehen.

Betonwüste statt grüner Idylle? Knapp 400 Wohnungen sollen an der Eggenfeldener Straße entstehen.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Auf dem westlichen Teil des Grundstücks hält das Planungsreferat ein 60-Meter-Hochhaus für denkbar. Ob es tatsächlich realisiert wird, entscheiden aber die zwölf Architekturbüros, die Planungsentwürfe einreichen. Der Wettbewerb wird jetzt vorbereitet, nachdem der Stadtrat einer Wohnbebauung an der Eggenfeldener Straße grundsätzlich zugestimmt hat. Dass parallel dazu gleich das erste Anwohnertreffen stattfand, löste bei den Betroffenen selbst allerdings wenig Enthusiasmus aus, auch wenn die Bogenhausener Bezirksausschussvorsitzende Angelika Pilz-Strasser (Grüne) die frühzeitige Information lobte und Josef Mittertrainer vom Planungsbüro BGSM darauf verwies, dass auf diese Weise Kritik und Bedenken der Nachbarn gleich in den Wettbewerbsunterlagen berücksichtigt würden.

Mit dem Hinweis auf den Architektenwettbewerb und die Ideen, die dort erst noch entwickelt werden sollen, wurden allerdings auch viele Einwände der Zamdorfer erst einmal auf später vertagt: Lärmschutz werde auch aus der Anordnung der Gebäude entstehen, sagten die Vertreter von Verwaltung und Planungsbüros, die Neugestaltung der Straßen biete die Chance, den Stau zu mindern, die Platzierung des Hochhauses könne so gewählt werden, dass es die Nachbarschaft nicht erdrückt. "Es werden zwölf ganz unterschiedliche Ansätze rauskommen", prophezeite Marion Wolfertshofer vom Planungsreferat.

Zamdorf: Die Nachbarn befürchten, dass der Verkehr massiv zunimmt.

Die Nachbarn befürchten, dass der Verkehr massiv zunimmt.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Einige Ideen der Anwohner allerdings sortierte sie gleich aus: Weder werde es wegen 380 neuer Wohnungen eine U-Bahn-Linie nach Zamdorf geben noch würden weitere Straßentunnel nach Berg am Laim gegraben. Der Verkehr sei "ein gesamtstädtisches Problem", das nicht mit einem einzelnen Bebauungsplan lösbar sei. An der Bebauungsdichte wollte sie keine Abstriche machen: "Bei der Flächenknappheit, die diese Stadt hat", sei es "ganz klar das Ziel zu sehen, was geht auf diesem Grundstück". Aber eine Betonwüste werde nicht entstehen, versicherte Wolfertshofer.

So richtig überzeugt, dass ihre Belange Berücksichtigung finden, waren die Nachbarn am Ende aber nicht. "Wir warten erst mal den Wettbewerb ab", erklärte eine Anwohnerin. "Der Rechtsanwalt steht schon bereit. Leider."

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