X-Bar:Schwabinger Trash

X-Bar

Wer die X-Bar nicht kennt, würde kaum reingehen.

(Foto: online.sdemuenchen)

Es gibt sie auch in München: Die alternativen Kneipen, weit weg von Mainstream und Schickimicki. Das "X" in Schwabing ist so eine Bar - und eine von den besten.

Beate Wild

Dieser Artikel ist leider nicht mehr aktuell, da die Kneipe mittlerweile geschlossen ist.

Eine kleine Straße mitten in Schwabing. Es ist dunkel und absolut ruhig, niemand ist zu sehen, nur eine Katze kreuzt den Weg. Hastig eilt man an den Häuserfronten entlang, auf der Suche nach der Tür. Es wäre übertrieben zu sagen, dass diese Tür geheim ist, aber man muss doch genau Bescheid wissen, wo sie sich befindet, sonst findet den ominösen Eingang nicht.

Hat man die Tür dann gefunden und tritt ein, wird man immer wieder ein Kleinwenig überrascht, auch wenn man hier schon unzählige Male zuvor war. Undefinierter Lärm, laute Rockmusik, schummriges Licht. Wir befinden uns in der sagenhaften X-Bar.

Steht man vor dem Lokal in der Clemensstraße 71, denkt man unweigerlich an eine üble Spelunke oder gar an ein Etablissement des Rotlichtmillieus. Von innen blickdicht verrammelte Fenster, ein schäbiger Eingang - das alles verheißt nichts Gutes. Wer die X-Bar nicht kennt, würde kaum reingehen.

In München, der Stadt, in der eine Szenebar der anderen folgt, in der unzählige Schickimicki-Clubs um die Gunst der Schönen und Reichen buhlen, ist das "X", wie die Schwabinger Bar von ihren Gästen einfach nur genannt wird, ein erholsamer Kontrast, fast ein Geheimtipp unter Fans der alternativen Szene. Werbung hat die Bar nicht nötig. Unter den Leuten, die die X-Bar als Gäste haben will, spricht sie sich durch Mundpropaganda herum. Und die anderen, die will man hier nicht unbedingt sehen.

Nicht nur von Außen wirkt die X-Bar suspekt, auch innen geht es ein wenig schäbig zu. Den Raum dominieren alte englische Ledersofas, in denen man sich gegenübersitzten kann. Kronleuchter und antike Flohmarkt-Lampen geben dem Ambiente einen rot-verruchten Touch. Die gesamte Einrichtung ist etwas in die Jahre gekommen, an der Bar hängen Schilder mit sexistischen Anspielungen (siehe Bildstrecke).

Die Männer hinter der Bar sind zunächst kurz angebunden, lassen sich aber dann schnell in ein Gespräch über die Musik, die gerade läuft, oder die aktuelle Raucherdebatte verwickeln. Seine Getränke muss man an der Bar ordern. Bleibt man im Ledersofa sitzen, wartet man vergeblich auf einen Kellner. Der Preis für ein Bier ist immer drei Euro, egal ob man Beck's, San Miguel oder Edelstoff trinkt.

Die Musik ist im X stets unterschiedlich, ohne erkennbares oder gar wiederkehrendes Schema. Vermutlich wird aufgelegt, was die Barkeeper gerade gut finden oder was man eben mal zur Hand hat: Gorillaz, Nirvana, Johnny Cash, Röyksopp, Sex Pistols - hin- und wieder hört man auch mal ein Pop- oder Hip-Hop-Stück. Direkt am Eingang gibt es ein DJ-Pult, das allerdings nicht so oft zum Einsatz kommt. Meistens wird Musik von einer Playlist gespielt.

Das Publikum im X passt absolut zu der Kneipe. Alternative im Rollkragenpullover, Punker mit Heavy-Metal-Shirts, Bayern in Lederhosen, Studenten mit Hornbrille, Alt-68er mit langen Haaren, aber auch einfach nur Leute, die mit der Schickimicki-Szene in München nichts zu tun haben wollen und einfache Kneipenkultur schätzen.

Wenn es in München - neben der legendären "Schwabinger 7" und dem grandiosen Jennerwein - noch so etwas wie eine Altschwabinger Szene gibt, dann verkehrt diese im X. Hört sich etwas rau an, aber das Gegenteil ist der Fall: Alle sind ganz handsam, die Atmosphäre ist locker und entspannt.

Am Kickertisch im Nebenraum spielt jeder gegen jeden. Das ist der Ort, an dem alle Gäste der Bar zusammenkommen. Unter anderem auch deshalb, weil dort geraucht werden darf, nachdem man vorher mittels Eintrag in einer Liste Mitglied im Raucherclub geworden ist.

Am Wochenende wird es in der X-Bar mitunter recht voll, was zur Folge hat, dass es eng, stickig und heiß wird. Während der Woche geht es gelassener zu. Da kann man dann in einem der Ledersofas fläzen und in sinistrem Ambiente mit Freunden über die großen Fragen des Lebens philosophieren. Hin und wieder hört man über die X-Bar, sie hätte "so einen Berlin-Style". Das darf als absolutes Kompliment verstanden werden.

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