Wuid Barwirtschaft:Untergiesinger Extrawurscht

Kartoffelsalat mit Grapefruit, Burger mit geschmortem Schweinefleisch und ein Wasserbüffel namens Freddy: Die Wuid Barwirtschaft bietet Fastfood mit bayerischem Touch. Doch Vorsicht vor Jäger Rudi.

Von Thierry Backes

Wer den Namen Otto Dufter googelt, findet viel Gamsbart. Der Ehrenvorsitzende des Trachtenverbands scheint nicht ohne Janker und Sepplhut aus dem Haus zu gehen, und so lässt sich auch erklären, warum er mit der gefeierten bayerischen Band LaBrassBanda nichts anzufangen weiß. Deren moderne Blasmusik lasse sich "nicht vereinbaren mit unserem Traditionsbewusstsein", hat Dufter kürzlich zu Protokoll gegeben. "Barfuß und mit Rasta-Locken, das ist nicht unsere Sache."

Tja, lieber Herr Dufter, schlechte Nachrichten: Tradition wandelt sich, und gerade das Bayerische wird dieser Tage an vielen Stellen neu interpretiert, ja, es gilt sogar wieder als schick in München. Dafür steht beispielhaft die neue Wuid Barwirtschaft in Untergiesing, die sich nicht nur sprachlich an der Spezlwirtschaft im Zerwirk-Gebäude (Altstadt) orientiert. Wuid, das steht im Bairischen für wild, zu dem Lokal passt es indes nur so halb: So richtig wild geht es hier bestenfalls zu später Stunde zu.

Wasserbüffel Freddy trägt ein Deutschland-Trikot

Gut, es gibt eine Jägermeister-Zapfanlage hinter der Bar, einen Jägermeister-Seifenspender auf dem Klo, Baumstammhocker, Deko-Geweihe und neben der holzvertäfelten Bar den Kopf eines Wasserbüffels. Doch dem Tier, das auf den Namen Freddy hört, haben sie zur WM ein Deutschland-Trikot übergestülpt. Süß.

Happy Hour: Wuid

Humboldtstraße 20, www.wuidbar.de

Drinks: irgendwas mit Jägermeister

Publikum: offen für alles

Atmosphäre: locker

Öffnungszeiten: Di. bis So. 17 bis 1 Uhr

Da sitzt man nun also in der Barwirtschaft mit den großen, leeren Fenstern und stellt fest: Huch, der Laden ist mehr Wirtschaft als Bar. Auf der Getränkekarte stehen fast nur Standarddrinks, dazu einige Kreationen, die Jäger Ginger oder Jäger Rudi heißen.

Interessanter ist da schon die Speisekarte, die, ganz bairisch, "A Aufdrahde" anbietet, einen würzigen Kartoffelsalat mit Spargel, Grapefruit und gerösteten Cashew-Kernen (13,90 Euro). Hinter "Da Kini" verbirgt sich ein saftiger, burgerähnlicher Snack, der aus langsam geschmorten Schweinefleisch und karamellisierten Zwiebeln in einer Brioche-Semmel (12,90) besteht. Das "Burschenbaguette" ist ein Ciabatta-Brot mit Rindersteaksteifen, Rucola, gegrilltem Paprika, Knoblauchsauce - und, als Beilage, sehr empfehlenswerten knusprigen Süßkartoffelchips (14,90). Alles in allem: bayerisches Fastfood, nur schwer mit Tradition vereinbar.

Und das Wuid versucht gar nicht erst, eine traditionelle Wirtschaft bayerischer Prägung zu sein. Das Lokal hat an der Humboldtstraße und damit in einer Ecke Untergiesings aufgemacht, die als gentrifiziert gilt. Und so zieht das Wuid nicht ganz zufällig genau die Hipster an, die sich tagsüber im Café Bald Neu um die Ecke wohl fühlen. Oder im Miss Lilly's.

Von dem durchgestylten, in Weiß gehaltenem Café-Restaurant gegenüber hebt sich die Wuid-Bar dennoch sehr wohltuend ab. Hier ist eben nicht alles perfekt, hier werden während des laufenden Betriebs die Fenster gereinigt, hier läuft WM-Fußball. Und wenn einem der freundliche Kellner eine Extrawurscht empfiehlt, etwa die erwähnten Kartoffelchips oder den "Gipfelstürmer", eine Quarkmousse mit Vanille, Crunch und Fruchtpüree (4,50), dann sollte man zugreifen. Egal, ob das dem Dufter-Otto nun gefällt oder nicht.

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