Workshops für Ideen:Rote Karten für Spielverderber

Workshops für Ideen: An den Nymphenburger Schulen arbeiteten Schüler aus München und aus dem Umland an Projekten, um ihre Schulen zu verbessern.

An den Nymphenburger Schulen arbeiteten Schüler aus München und aus dem Umland an Projekten, um ihre Schulen zu verbessern.

(Foto: Stephan Rumpf)

Auf ihrem Kongress "besser::17" diskutieren Schüler, wie sie sich neben dem Unterricht engagieren können. Doch viele Ideen scheitern an unwilligen Direktoren - oder daran, dass sie von Erwachsenen nicht ernstgenommen werden

Von Franziska Gerlach

Die Schüler würden sich ja gerne engagieren, damit die Abschlussfeier in diesem Jahr endlich mal woanders stattfinden kann als immer nur in der Turnhalle. "Wir wollen in den Pausen Punsch verkaufen", sagt Alida ins Mikrofon, Schulsprecherin einer Realschule in Ingolstadt. Da komme sicher genügend Geld zusammen. "Aber sie sagt einfach Nein."

Mit "sie" ist eine offenbar recht unkooperative Schulleitung gemeint, und wie man an den roten Karten sieht, die bei der Podiumsdiskussion in der Aula der Nymphenburger Schulen, einer privaten Gesamtschule, gerade in die Höhe schnellen, kommt ein solches Verhalten bei den mehr als 200 Schülern gar nicht gut an. Auf dem Podium betretene Gesichter. Münchens Schulreferentin Beatrix Zurek sitzt dort und Niklas Pötzsch, der die zwölfte Klasse des Derksen-Gymnasiums besucht und früher Bezirksschülersprecher war, neben ihm Gerhard Wagner vom Kreisjugendring, Stefan Mühlfenzl, Lehrer am Gymnasium Kirchseeon, außerdem Bildungsstaatssektretär Georg Eisenreich (CSU), der das Problem mit dem Punschverkauf nicht beurteilen möchte, ohne auch die andere Seite gehört zu haben, also die Schulleitung. Alida könne ihm den Fall aber gerne schriftlich schildern, dann nehme er sich der Sache persönlich an.

Es ist der dritte und letzte Tag des Münchner Schülerkongresses "besser::17", den das Münchner Schülerbüro organisiert hat, ein gemeinnütziger Verein, der sich seit 1996 für die Interessen von Schülern einsetzt. Drei Tage lang konnten Schüler aus weiterführenden Schulen in München und aus dem Umland an Workshops teilnehmen, und nun, bei der Podiumsdiskussion am Sonntag, zeigt sich, wie es um das Engagement an vielen Schulen bestellt ist - im positiven wie im negativen Sinne.

Dass gerade junge Menschen in ihrer Entwicklung davon profitieren, wenn sie sich, ob für andere oder die eigenen Belange, engagieren, darüber ist man sich zwar einig. Schulreferentin Zurek spricht sogar von Engagement als einem "Add-On" im Stundenplan. Klar, klingt gut. Wenn es sich denn machen lässt. "Wir brauchen Kohle, Vertrauen und Verantwortung, die wir übernehmen können", hat Niklas Pötzsch kurz vor Beginn der Debatte gesagt. Und wie Alidas Beispiel verdeutlicht, scheitern viele Ideen auch gar nicht am fehlenden Willen der Schüler, sondern daran, dass sich die Schulleitung querstellt. Oder weil mal wieder kein Raum frei ist für Dinge abseits des Lehrplans. Sorry, heißt es dann oft, aber der Schulstoff hat Vorrang. Auch um das Ansehen der SMV, der Schülermitverantwortung, über die Schüler das Schulwesen mitgestalten können, stand es an so mancher Schule offenbar schon einmal besser. Ein Mädchen mit Baseballmütze beklagt jedenfalls, wie schwierig es sei, überhaupt Leute für die SMV begeistern zu können. Und Emily, 13 Jahre alt und Schulsprecherin am Gymnasium Kirchseeon, hat zwar schon einige Erfahrung mit dem Ehrenamt, seit vor zwei Jahren in der Turnhalle ihrer Schule Flüchtlinge untergebracht waren. Sie hätten gemeinsam gekocht, oder Deutschkurse organisiert, erzählt sie. Doch gerade im Kontakt mit den Erwachsenen, etwa dem Elternbeirat, wünscht sie sich mehr Anerkennung. "Wir werden oft nicht ernst genommen."

Am besten engagierten sich Schüler schon von der fünften Klasse an, empfiehlt Lehrer Stefan Mühlfenzl. "Da leckt man Blut, findet Gefallen daran, Verantwortung zu übernehmen." Allerdings, das ist Gerhard Wagner doch wichtig, dürfe schulisches Engagement nicht bedeuten, dass ausschließlich Ideen umgesetzt würden, die Lehrern und Schulleitung gefielen. Grüne Karten ohne Ende, wie meist, wenn der Mann vom KJR etwas sagte. Ob Alida demnächst eine solche für Georg Eisenreich zücken wird, tja, das kommt wohl ganz darauf an, wie die Sache mit dem Punschverkauf ausgeht. Sie werde sein Angebot, sich bei der Schulleitung für sie einzusetzen, aber annehmen. "Wir brauchen echt konkrete Unterstützung."

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