Wunsch und Wirklichkeit im Konvent:Sehnsucht nach Italien

Die in Turin geborene Kurfürstin Henriette Adelaide brachte die Salesianerinnen nach Bayern. Im Kloster Beuerberg erinnert eine Führung an die beschwerliche Reise der Nonnen von Vercelli nach München

Von Melanie Kraus, Eurasburg

Eisiger Wind lässt die Nonnen des Salesianer Ordens zittern. Auf einem Floß fahren sie von Mittenwald aus die Isar entlang nach Wolfratshausen. Sehnsüchtig wünschen sie sich zurück in ihre italienische Heimat - und das im Juli. Das schildert die Chronik, welche die Salesianerinnen des Klosters Zangberg aus dem ihnen überlieferten Quellenmaterial anfertigten.

Die Annalen bilden die Grundlage der Sonderausstellung "Klausur - Sehnsuchtsort Kloster" im Kloster Beuerberg und tauchen dort erstmals als Gesamtwerk auf. Carmen Roll, die stellvertretende Leiterin des Diözesanmuseums Freising, die als Kuratorin durch die Räume in Beuerberg führt, nutzt jene Chronik, um den Besuchern zu verdeutlichen, wie beschwerlich der Weg der Nonnen damals war. In der knapp zweistündigen Themenführung "Mittagessen nach Kapuzinerart" porträtiert die Kuratorin sowohl Henriette Adelaide, jene Frau, die den Salesianer Orden im 17. Jahrhundert nach München brachte, als auch den Weg der Nonnen, die vom piemontesischen Vercelli in die bayerische Landeshauptstadt entsandt wurden.

Wunsch und Wirklichkeit im Konvent: Kuratorin Carmen Roll weiß über die Anfänge der Salesianerinnen in Bayern zu berichten.

Kuratorin Carmen Roll weiß über die Anfänge der Salesianerinnen in Bayern zu berichten.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

"Adelaide hat neben dem Orden auch viel Kultur nach Bayern geholt", sagt Roll. Die in Turin geborene Prinzessin habe nach ihrer Ankunft am bayerischen Hof zeitlebens Sehnsucht und Heimweh nach Italien gehabt. Um dieses zu lindern, ließ sie sich all das, was sie vermisste, nachbringen: feine Stoffe, mediterranes Essen, Künstler - und eben die Salesianerinnen.

Die machten auf ihrer Reise auch Halt in Wolfratshausen. In der Chronik haben die Schwestern alle Stationen und Geschehnisse detailliert festgehalten. Während also drei der Nonnen nach der Floßfahrt mit einem Wagen vom Isarufer stadteinwärts gefahren wurden, nutzten die übrigen den Weg als Spaziergang, der ihre "vor Frost erstarrten Glieder" wieder erwärmen sollte. Die Loisachstadt wird in der Erzählung als "Städtlein" beschrieben, in dessen "Ruhe und Stille" die Salesianerinnen ihren Aufenthalt ungestört verbringen können. Die Teilnehmer der Kuratorenführung schmunzeln bei diesen Worten. Dass sich seit dem 17. Jahrhundert anscheinend nicht viel in Wolfratshausen geändert hätte, raunen sie.

Wunsch und Wirklichkeit im Konvent: Dass es die Nonnen aus dem Süden in den kalten Norden verschlug, ist Kurfürstin Henriette Adelaide, einer gebürtigen Italienerin, zu verdanken.

Dass es die Nonnen aus dem Süden in den kalten Norden verschlug, ist Kurfürstin Henriette Adelaide, einer gebürtigen Italienerin, zu verdanken.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Bevor die Nonnen ihre Reise nach Sendling fortsetzten, nutzten sie die Zeit, um alle drei Kirchen der Stadt zu besichtigen. Dabei sei die Pfarrkirche ihnen die liebste gewesen - wegen der heiligen Reliquien und des in Gold und Silber gefassten Schädels des Heiligen Nantwein. "Als die Schwestern in München ankamen, hatten sie sehr Heimweh", sagt Roll. Denn die Theatinerkirche, welche die Nonnen "durchs Fenster ihrer kargen Unterkunft sehen konnten, erinnerte sie ebenso an Italien, wie das freistehende Opernhaus am Salvatorplatz". Beide Gebäude entstanden durch das Wirken Adelaides, die als Kurfürstin von Bayern auch eine Verbindung zum Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen hatte.

Zum einen hielt sie sich, aufgrund ihrer lang anhaltenden Kinderlosigkeit, zur Kur in Bad Heilbrunn auf. Die dortige Adelheidquelle ist nach ihr benannt und erinnert daran. Zum anderen gaben sie und ihr Ehemann - nach erfolgreichem Verlauf der Kur zur Geburt des Thronfolgers Max Emanuel - das Prunkschiff Bucentaur in Auftrag, welches am Starnberger See ankerte, entworfen und gefertigt wurde. Es war das größte Ruderschiff, das von den bayerischen Herzögen unterhalten wurde, und ist als Modell noch heute in Starnberg zu sehen.

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