Wolfratshauser Großmeister:Lieber über Schach schreiben

Wolfratshauser Großmeister: Schach ist Stefan Bocksbergers Leidenschaft.

Schach ist Stefan Bocksbergers Leidenschaft.

(Foto: privat)

Stefan Bocksberger widmet sich dem Spiel am liebsten in Büchern. Trotzdem hat er auch am Brett Erfolg

Von Barbara Briessmann, Wolfratshausen

"Wenn ich gewusst hätte, wie sich das hinzieht, hätte ich es mir noch einmal überlegt", sagt Stefan Bocksberger über sein Buch "Das Kandidatenturnier 2014". An diesem Samstag, 21. November, stellt es der Wirtschaftsingenieur um 14 Uhr in der Flößerei in Wolfratshausen vor, präsentiert vom hiesigen Schachclub und dem ortsansässigen Verlag "Kunst und Alltag".

Im Anschluss an die Buchvorstellung findet ein Simultanturnier statt. Dabei tritt Großmeister Hans-Joachim Hecht gegen 20 Gegner gleichzeitig an. Sicherlich atemberaubend für leidenschaftliche Schachspieler. "Aus Lust am Schreiben und am Schach", habe er das Buch gemacht, sagt Bocksberger. "Ich war auch schon immer eine Leseratte, aber habe auch schon einiges geschrieben." Ihm gefalle es, sich ein Thema zu suchen, die Gedanken zu ordnen und sie dann festzuhalten. Sein Thema diesmal: "Das Kandidatenturnier". Ganz real fand es im März 2014 in Chanty-Mansijk in Sibirien statt. Dabei wurde der Herausforderer des amtierenden Schachweltmeisters Magnus Carlsen ermittelt. In dem Turnier gab es "spektakuläre Partien", den 22, die wirklich entschieden wurden, hat sich Bocksberger gewidmet. Er beschreibt die Züge der jeweiligen Gegenspieler nicht nur, sondern analysiert sie Zug um Zug.

Daran schließt sich in seinem Schachbuch ein zweiter Teil mit den Highlights des Turniers in Sibirien an, wo es um besonders knifflige Situationen auf dem Brett geht. "Eigentlich habe ich es aber als Trainingsbuch geschrieben", sagt Bocksberger. "Der Leser soll sein Schach-Können durch die Lektüre verbessern." Dabei gehe es um die vier maßgebenden Dinge im Schach: logisches Denken, schachliches Wissen, Rechenfähigkeit und Intuition. "Darum gibt es als dritten Teil im Buch ausführliche Tests", erklärt Bocksberger. Als Grundlage dienten ihm interessante Positionen aus dem Kandidatenturnier.

Im Sommer 2014 hatte Stefan Bocksberger mit dem Buch begonnen, seit einer Woche ist es in einer Auflage von 350 Stück gedruckt. "280 Seiten sind es geworden, dazu kommt noch das 40-seitige Lösungsheft zum Testteil, das dem Buch beiliegt", sagt er. Besonders anstrengend seien in den vergangenen Wochen das ständige Korrigieren und Überarbeiten gewesen. "Es muss ja nicht nur fachlich alles stimmen."

Er selber habe "nie so viel gespielt",berichtet Bocksberger. Wie er dann zum Titel des FIDE-Meisters gekommen sei? "Ja, das ist für einen Amateur schon eine große Leistung", räumt er zurückhaltend ein und erklärt dann die Hintergründe. Der Schachweltverband FIDE (Federation Internationale des Echecs) wertet die Leistungen eines Schachspielers nach der Elo-Zahl. Die mathematische Formel errechnet sich aus jeder Partie, die ein Spieler auf internationalem Niveau absolviert hat. "Das ist so eine Art Rating-Zahl", sagt der Wirtschaftsingenieur, "die gilt für Profis und Amateure."

Über die Dauer von 24 Partien auf überdurchschnittlichem Niveau zu bleiben und in keiner abzurutschen - das ist Bocksberger 1993 gelungen. Damals lag er in drei Turnieren nach jeder Begegnung weit über der erforderlichen Elo-Zahl 2300 (zum Vergleich: Der amtierende Schachweltmeister Magnus Carlsen hat 2850). Daraufhin erhielt er den an Amateure verliehenen Titel FIDE-Meister (FM) auf Lebenszeit. Weltweit gibt es nur etwas mehr als 6000 Schachspieler mit dieser Auszeichnung.

"Wettkampf interessiert mich gar nicht so sehr", so Bocksberger, der für den Schachclub Wolfratshausen spielt. Zwar sei er immer wieder einmal bei den Deutschen Meisterschaften angetreten und spiele das eine oder andere Turnier, "aber dafür habe ich eigentlich gar keine Zeit. Da geht der Beruf vor."

Der Wirtschaftsingenieur, der im Rechnungswesen arbeitet, widmet sich dafür in seiner Freizeit leidenschaftlich gern dem Problem-Schach oder eben Büchern. Die einen wollen gelesen werden, die anderen müssen geschrieben werden, wie "Das Kandidatenturnier 2014". Dieses hat übrigens Viswanathan Anand, Ex-Weltmeister" gewonnen. Er fordert Carlsen bei der WM 2016 in Moskau heraus, um seinen Titel zurück zu erobern.

Auch am Samstag, 21. November, nach der Buchvorstellung hat Stefan Bocksberger in der Flößerei keine Zeit, sich an ein Brett zu setzen, um beim Simultanturnier gegen Großmeister Hans-Joachim Hecht anzutreten. "Da stehe ich mit Verleger Wolfgang Baur für Fragen zur Verfügung", sagt er. "Da kann ich nicht Schach spielen."

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