Wolfratshauser Amtsgericht:Geretsrieder Schweinchen gegen Dachauer Affe

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Zwei Freunde des Faschings treffen sich vor Gericht wieder - wegen Körperverletzung

Von Thekla Krausseneck, Wolfratshausen

Blutig ausgegangen ist ein Streit zwischen zwei Besuchern des Dachauer Faschings, der am Dienstag vor dem Amtsgericht Wolfratshausen verhandelt worden ist. Ein 20-jähriger Geretsrieder kam ohne Urteil davon: Sein Verfahren wurde gegen eine Auflage von 750 Euro eingestellt. Einen 25-jährigen Dachauer sprach das Gericht dagegen der gefährlichen Körperverletzung schuldig, weil er dem Geretsrieder gegen den Kopf getreten haben soll. Der Dachauer räumte die Tat nicht ein, an Tritte gegen den Kopf konnte er sich nach eigener Aussage nicht erinnern. Damit war er nicht allein: Auch der Geretsrieder gab an, kaum noch Erinnerungen an den Tag des Streits zu haben - er sei am folgenden Tag nur mit Kopfschmerzen aufgewacht. Das Gericht stützte sein Urteil auf die Aussage einer Zeugin, die das Geschehen vom Fenster im zweiten Stock aus beobachtet hatte.

Der Streit entbrannte um 15.30 Uhr unter dem Karlsberg nach einer Faschingsfeier. Wie alles losging, wurde unterschiedlich geschildert: Der wegen Körperverletzung angeklagte Geretsrieder Schlosser gab an, er könne nicht mehr viel dazu sagen, nur dass er nicht glaube, damit angefangen zu haben - schließlich habe er vorher "keinen Ärger mit anderen Leuten gehabt". Er erinnere sich vage daran, am Boden liegend einen Tritt eingesteckt zu haben. Wohin und ob er dabei die Kapuze seines Schweinchen-Kostüms getragen habe, wisse er nicht mehr. Auf die Frage des Richters, wie viel er getrunken habe, antwortete der Geretsrieder: "Zu viel" - Bier, Schnapps, "so Kurze halt". Die Polizei stellte 1,4 Promille fest.

Der wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagte Dachauer, ein Lackierer, stellte den Hergang detaillierter dar: So habe er sich unter dem Karlsberg mit Freunden getroffen, als der Geretsrieder aufgetaucht sei und ihm - nach einer Reihe von derben Beleidigungen - in die Seite getreten habe. Es sei zur Rangelei gekommen, Faustschläge seien ausgetauscht worden, zeitweise hätten sie sich auf dem Boden geprügelt. Am Ende habe der als Affe verkleidete Dachauer am Kopf geblutet und einen Ohrring gesucht. Die Polizei machte Fotos und ein Alkotest; der Promillewert des Dachauers lag bei 0,28.

Von den beiden Zeugen, einer 28-jährigen Dachauer Hausfrau und einem 26-jährigen Karlsfelder, konnte nur die Frau ihre Beobachtungen detailliert schildern. Eindeutig habe sie gesehen, wie "der Braune auf den Rosanen" losgegangen sei - der Mann im braunen Affenkostüm auf den im rosa Schweinchenkostüm. Der Geretsrieder habe versucht, sich zu wehren: "Aber so eine richtige Chance hat er keine gehabt." Der Karlsfelder indes, der von der Verteidigung spontan in die Verhandlung eingebracht worden war und aussagte, der Geretsrieder habe schon auf dem Berg Ärger gemacht und sei deshalb von der Security der Feier verwiesen worden, konnte sich gerade an den entscheidenden Kampf nicht mehr erinnern. "Ich kann nur sagen: Wir haben den Streit nicht gesucht."

Das Gericht folgte dem Vorschlag der Staatsanwältin und verurteilte den Dachauer zu sieben Monaten auf Bewährung und zu einer Geldstrafe in Höhe von 1800 Euro - auf Grundlage der "eindrucksvollen Schilderung" der Zeugin. Von Notwehr könne nicht die Rede sein, so der Richter: Der Angeklagte nämlich habe noch auf das Opfer eingetreten, als dieses schon am Boden lag. Die Tritte gegen den Kopf seien lebensgefährlich gewesen, das Opfer habe Glück gehabt.

Dies dürfte für den Geretsrieder im doppelten Sinn gelten: Sein Prozess wurde auf Anregung der Jugendgerichtshilfe eingestellt.

© SZ vom 12.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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