Landkreissieger:In den Mittelpunkt gerückt

Landkreissieger: Ranko Jankovic hat in Montenegro Tief- und Brückenbau studiert. Vor rund 20 Jahren kam er nach Deutschland, seit 14 Jahren fährt er Bus.

Ranko Jankovic hat in Montenegro Tief- und Brückenbau studiert. Vor rund 20 Jahren kam er nach Deutschland, seit 14 Jahren fährt er Bus.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Ranko Jankovic aus Wolfratshausen ist Busfahrer des Jahres 2014. Qualifizierte Mitarbeiter wie ihn wird der MVV noch einige benötigen - denn er hat viel vor.

Von Von Christian Krügel und Benjamin Engel

Die Fahrgäste im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen haben ihren Busfahrer des Jahres gewählt: Es ist Ranko Jankovic aus Wolfratshausen. Der 47-jährige Familienvater stammt aus Montenegro. Er ist seit 14 Jahren Busfahrer für die Regionalverkehr Oberbayern GmbH am Standort Wolfratshausen. Der Münchner Verkehrsverbund (MVV) und die Süddeutsche Zeitung hatten zum ersten Mal dazu aufgerufen, die besten Busfahrer zu küren. MVV-Geschäftsführer Alexander Freitag nennt die Aktion einen "vollen Erfolg": Endlich sei der schwierige Beruf des Busfahrers "in den Mittelpunkt gerückt" worden, was auch der steigenden Bedeutung des Busverkehrs in der Region gerecht werde - mit dem der MVV in den nächsten Jahren große Pläne habe.

Rund 700 Fahrgäste haben sich an der Wahl zum Busfahrer des Jahres beteiligt: Sie konnten besonders rücksichtsvolle und kundenfreundliche Fahrer auf allen Linien außerhalb der Stadt München vorschlagen. Eine Jury aus Vertretern von MVV und SZ sowie Stefan Hofmeir, Vorsitzender des Fahrgastbeirats im MVV, kürten daraus die Landkreissieger. Dabei spielte nicht nur die Zahl der Einsendungen eine Rolle, sondern auch die Begründungen. Besonders die Freundlichkeit gegenüber Kindern, Senioren und Ortsunkundigen zählte, aber auch Fahrstil und Pünktlichkeit.

"Die meisten unterschätzen, wie anspruchsvoll der Beruf des Busfahrers ist", sagt MVV-Chef Freitag. Sie müssten nicht nur sicher und pünktlich fahren, sondern seien auch Ansprechpartner für die Kunden in allen Situationen - von der Fahrplan- bis zur Tarifauskunft. "Die allermeisten bringen jeden Tag eine tolle Leistung", sagt Freitag.

Nach Überzeugung von Fahrgästen und Jury bringt im Landkreis Jankovic eine besonders tolle Leistung. Seine beiden Kinder seien begeistert gewesen, als sie von der Auszeichnung erfuhren, sagt er. Ihm gefalle die Aktion gut. Nicht so sehr, weil er gewählt worden sei, sondern, weil die Kundschaft damit bestätige, dass sie die Leistung aller Busfahrer schätze. Denn ihre Arbeit sei nicht immer einfach. Wenn es regne, sich die Straße spiegele und die Seitengläser beschlagen seien, müsse er hoch konzentriert fahren. Manchmal müsse er zwischen älteren Fahrgästen, die sich gestört fühlten, und Jüngeren vermitteln.

Bei alledem bemühe er sich stets, freundlich zu sein, sagt Ranko Jankovic. Mit vielen Fahrgästen habe er auf den Fahrten seine Gaudi. Man scherze untereinander und unterhalte sich kurz. Eine Wolfratshauserin bringe ihm jedesmal, wenn sie bei ihm mitfahre, sogar einen Apfel mit. In all den Jahren als Busfahrer habe er schon viele Bekanntschaften gemacht, gerade auch unter jungen Fahrgästen. "Die mag ich gerne. Da kommt mir mein südeuropäisches Temperament zugute." Und wenn die Kinder nach der Schule zu laut seien und drängelten, bitte er sie eben, ruhiger zu sein. Das funktioniere meist sehr gut. Weil er kontaktfreudig sei, erzählten ihm manche Fahrgäste selbst Intimes aus ihrem Privatleben.

Im Büro würde Jankovic nicht gerne arbeiten. Sein Beruf sei abwechslungsreich und verantwortungsvoll. Eine professionelle Ausbildung und regelmäßige Schulungen seien unabdingbar. Jankovic hat in Montenegro Tief- und Brückenbau studiert. Vor mehr als 20 Jahren kam er nach Deutschland und lernte hier seine Frau kennen, eine echte Wolfratshauserin. Seit 14 Jahren ist er auf verschiedenen Buslinien zwischen Wolfratshausen, Seeshaupt, Penzberg und Bad Tölz unterwegs.

Kompetente Busfahrer wie Jankovic werden die Busunternehmen in Zukunft viele brauchen. Den der MVV möchte das Angebot an Buslinien deutlich ausbauen. "Der Busverkehr hat eine wichtige Zubringerfunktion zur S-Bahn. Aber darüber hinaus wird es immer mehr eigenständige Busstrecken und Tangentiallinien geben müssen, wenn wir den öffentlichen Nahverkehr in der Region attraktiv halten wollen", sagt Freitag. Seit der Neuordnung des MVV im Jahr 1996 sei die Zahl der gefahrenen Kilometer von 17 auf mehr als 30 Millionen gestiegen. Allein im Landkreis München habe es im abgelaufenen Jahr 26 Prozent mehr Leistungen im Busverkehr gegeben.

Diesen Trend möchte Freitag gerne fortsetzen. Er setzt damit auf mehr Tangentialverbindungen in der Region, also Strecken, die nicht parallel zu Schienentrassen laufen, sondern nur Verknüpfungen schaffen, etwa zwischen zwei Kreisstädten, zu U-Bahnhöfen in der Münchner Peripherie oder zwischen zwei S-Bahn-Ästen. Dafür gibt es inzwischen sogar einen Arbeitskreis im MVV, und Freitag kann sich vorstellen, in diesem Bereich auch mehr nach dem Versuch- und Irrtums-Prinzip zu arbeiten. "Bei Buslinien haben wir keine ellenlange Vorlaufzeiten wie beim Schienenverkehr. Im Grunde können wir zu jedem Fahrplanwechsel neue Linien ins Programm nehmen und sie auch wieder kurzfristig stilllegen, wenn sie sich doch nicht rentieren", sagt Freitag.

Sein Ziel sei es, zwei bis drei zusätzliche Tangentiallinien pro Fahrplanwechsel einzuführen. Zudem arbeiten MVV und Landkreise in einem eigenen Arbeitskreis an der Weiterentwicklung des Busverkehrs. So soll definiert werden, was etwa Schnellbusse leisten können müssen, wie viele Haltestellen wirklich nötig sind, mit welchen Antrieben und Fahrzeugen künftig gefahren werden soll und welche neue Chancen etwa der Einsatz von Elektromotoren dabei bietet. "Wir haben Potenziale an zusätzlichen Fahrgästen, die wir mit attraktivem Busverkehr schneller und günstiger heben können als mit jedem anderen Verkehrsmittel", sagt Freitag. Vorausgesetzt, es gibt genügend qualifizierte Busfahrer.

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