Wolfratshauser Ladensterben:Lebenszeichen am Obermarkt

Wolfratshausen gilt als Paradebeispiel fürs Ladensterben in der Innenstadt. Aber es gibt auch Hoffnung: Der Loisachbäcker eröffnet eine Filiale, der Bioladen der Schlossgärtnernei Weidenkam floriert - und für das leer stehende Isar-Kaufhaus haben sich zwei Interessenten gemeldet

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

In der öffentlichen Wahrnehmung galt Wolfratshausen zuletzt vor allem als Beispiel für das Ladensterben in bayerischen Städten. Die These von der toten Einkaufsstadt, die auch im Bayerischen Fernsehen lief, empfanden jedoch Politiker und Vertreter des Handels als unfair. Tot ist die Altstadt wahrlich nicht. Auch wenn der Leerstand an vielen Stellen unübersehbar ist: Im Obermarkt findet man Läden, die nicht nur gesunde Lebensmittel anbieten, sondern auch selbst gesund dastehen. Es ist nun sogar eine zarte Neubelebung zu beobachten.

Backwerk auf zwei Etagen

Das seit Frühjahr leer stehende Stoffgeschäft in der Loisachpassage konnte Immobilienhändler Ernst Gröbmair erfolgreich an den Mann bringen, oder besser an die Frau: An Stefanie Dyga, die mit ihrem "Loisachbäcker" dort einzieht. In den kommenden Tagen will sie den neuen Laden feierlich eröffnen. "Wir brauchen mehr Platz", begründet Dyga den Umzug. Im neuen Geschäft wird es neben dem Hauptraum für Verkauf mit Café im Erdgeschoss noch einen zweiten Raum im Obergeschoss für Veranstaltungen wie Geburtstage und Ähnliches geben. Dazu neben den gewohnten limettengrünen Wänden einen neuen Stil mit "viel Holz und viel Stein", wie Dyga sagt. Die Räume am Sailergassl, wo der Laden bisher war, behalten Dyga und ihr Lebensgefährte Siegfried Püschel. Dort betreibt der Bäcker schließlich seine Backstube, die er nun vergrößern kann.

Dyga und Püschel hatten den Loisachbäcker am 14. Februar 2014 eröffnet, an Dygas 21. Geburtstag. Seitdem arbeiten beide sieben Tage die Woche, von Montag bis Sonntag. Das soll auch in der Loisachpassage erst einmal so bleiben. "Wir arbeiten beide gern und viel", sagt Dyga. Für den neuen Laden hat sie auch die Speisekarte für kleine Snacks und Brotzeiten neu aufgelegt, für Gäste stehen an schönen Tagen auch Tische im Innenhof zur Verfügung. Dyga ist sich sicher, dass ihre Stammkunden den neuen Laden annehmen werden. Die 23-Jährige freut sich aber auch auf neue Kunden. "Ich erwarte mir unter der Woche ein bisschen mehr", sagt Dyga, "auch durch die Laufkundschaft".

Zehn Jahre tägliche Frische

Über den Umzug freut sich auch Renate Hansmair, Betreiberin des benachbarten Obst- und Gemüseladens der Schlossgärtnerei Weidenkam. "Es ist schön, wenn sich rundherum wieder mehr entwickelt", sagt sie. Auch wenn sie in ihrem Geschäft den Weggang des Stoffladens nicht unbedingt als Einbruch erlebt habe. Schließlich kämen hauptsächlich Stammkunden zu ihr, um frisches Obst, Gemüse und neuerdings auch Milchprodukte und Backwaren zu kaufen. In diesem Jahr feiert Hansmair mit ihrem Bio-Laden in der Loisachpassage zehnjähriges Bestehen. 2006 hatten sie und ihr Mann Tom Braun den Laden in der Passage bezogen und noch einige Jahre parallel einen Stand auf dem Wolfratshauser Wochenmarkt betrieben. So konnten die beiden, die zwei Jahre zuvor die Gärtnerei in Schloss Weidenkam übernommen hatten und zudem eine Gärtnerei am Hofgut Letten betreiben, viele Kunden gewinnen, die ihnen seither treu geblieben sind. Hansmair weiß auch, warum. "Ganz viele wollen einfach die Frische", sagt sie.

Eine Institution baut aus

Selbst bei der Konkurrenz freut man sich über den neuen Impuls in der Altstadt, der von Dygas neuem Laden ausgeht: "Je mehr Wolfratshausen bietet, desto besser", sagt Martina Burger von der Bäckerei Burger am Obermarkt. Sie kennt Dyga gut, schließlich hat die 23-Jährige ihre Ausbildung bei ihr abgeschlossen. Ihrer ehemaligen Mitarbeiterin wünscht Burger im neuen Laden viel Glück - ohne Anklang von Missgunst. "Konkurrenz belebt das Geschäft", sagt sie. "Man holt sich gegenseitig die Kunden heran". Die Burger-Hauptfiliale am Obermarkt hat sie mit ihrem Mann Manfred Burger gerade ausbauen lassen: Nun gibt es in dem Laden einen Café-Bereich mit 20 Sitzplätzen und Frühstück. "Das wird sehr gut angenommen", sagt Burger. Doch sie räumt ein, dass "wir wegen der Diskussion in Wolfratshausen lange überlegen mussten, ob wir den Ausbau wagen".

Hoffnung fürs Kaufhaus

Die drei Geschäftsfrauen wissen auch, dass sie alleine die Marktstraße nicht neu beleben können. Als Dreh- und Angelpunkt der Altstadt galt stets das Isarkaufhaus am Untermarkt, das seit Jahren leer steht. Glaubt man Rechtsanwalt Harald Mosler, der die Eigentümerin Angela Scheller vertritt, besteht jedoch Anlass zur Hoffnung. Das Kaufhaus könnte bald wiederbelebt werden. Es gebe "zwei konkrete Interessenten", sagt Mosler, mit denen er "in Richtung eines Kaufvertrags" verhandle. Laut Mosler handelt es sich um "einschlägige Spezialisten aus dem Immobilienwesen" mit Erfahrung bei ähnlichen Projekten. "Ich bin guten Mutes, dass wir das hinbekommen - mit einer Konzeption, die zu Wolfratshausen passt", sagt der Rechtsanwalt. Ob der Verkauf zustande komme, hänge letztlich aber von der Bank ab. Denn die habe als Grundschuldgläubiger ein "faktisches Mitspracherecht". Wie Mosler einräumt, hatte Schellers Hausbank für das Kaufhaus bereits ein Zwangsversteigerungsverfahren eingeleitet, dieses dann aber wieder aufgehoben.

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