Wolfratshausen:Das sagen die Wirtschaftsverbände zum Bürgerladen

Wolfratshausen: Das Haus Untermarkt 10, der umstrittene Standort für den Bürgerladen. Darüber wird am 6. Dezember abgestimmt.

Das Haus Untermarkt 10, der umstrittene Standort für den Bürgerladen. Darüber wird am 6. Dezember abgestimmt.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Ja oder Nein zum Bürgerladen? Nicht nur Räte und Bürgerschaft sind gespalten - auch die örtlichen Wirtschaftsverbände.

Von Claudia Koestler und Pia Ratzesberger, Wolfratshausen

Die Lager sind im Wolfratshauser Stadtgebiet deutlich auszumachen: Auf leuchtend grünen und gelben Plakaten werben 16 Stadträte fraktionsübergreifend für Nein-Stimmen beim Bürgerentscheid zum Bürgerladen, um die Planungen für einen Innenstadtladen vom umstrittenen Standort am Untermarkt 10 zu trennen. Die Bürgerladen-Gruppe hingegen wirbt auf lila Flyern für ein Ja, weil für sie der Standort alternativlos ist. Eine Spaltung, die sich nicht alleine durch Räte und Bürgerschaft zieht, sondern auch durch die örtlichen Wirtschaftsverbände.

Bei seiner nicht öffentlichen Mitgliederversammlung hatte der Wolfratshauser Werbekreis jüngst den Bürgerladen thematisiert. "Das Projekt wird unter unseren 53 Mitgliedern kontrovers diskutiert", bestätigt die Vorsitzende Ingrid Schnaller. Einige Geschäftsinhaber hätten zum Beispiel Unterschriftenlisten für den Bürgerladen ausgelegt. "Allerdings war einigen von ihnen zu dem Zeitpunkt so manche Problematik noch nicht klar, zum Beispiel die subventionierte Miete", sagt Schnaller. Für sie sollte die Stadt in öffentliche Plätze und Straßen investieren, statt in das Ladengeschäft einer Gesellschaft: "Das käme schließlich allen zugute - je attraktiver die Stadt, desto besser für alle", sagt Schnaller. Das sei allerdings ihre Privatmeinung. Eine Wahlempfehlung könne der Werbekreis ob der geteilten Meinungen seiner Mitglieder nicht ausgeben: "Das muss jeder für sich entscheiden."

"Wolfratshausen muss ins 21. Jahrhundert gehen"

Bislang keine Partei ergriffen hat auch die Unternehmervereinigung Wirtschaftsraum Wolfratshausen (UWW). "Denn es ist kein vorrangig unternehmerisches Thema, sondern ein lokales", sagt dessen Vorsitzender Christian von Stülpnagel. Er persönlich fände zwar eine Einkaufsmöglichkeit in der Innenstadt "im Prinzip gut". Aber er sieht die geförderte Miete und die damit verknüpfte Wettbewerbsverzerrung für andere Ladenbetreiber kritisch. "In der Innenstadt sind gewisse Lebensmittel ja bereits vorhanden", sagt Stülpnagel. Was konkret fehle, seien lediglich Dosen und Haushaltswaren. Und dann gebe es noch den Punkt der Wirtschaftlichkeit: "Man muss überlegen, warum der Tengelmann zugemacht hat: Weil zu wenige Kunden eingekauft haben", glaubt er. Vorrang hat für ihn die Frage nach der Attraktivität des Marktes: "Wolfratshausen muss ins 21. Jahrhundert gehen", sagt Stülpnagel privat. Die UWW hingegen werde sich in Kürze beraten, ob man einen gemeinsamen Standpunkt zum Bürgerladen findet.

Grünen-Sprecher wirft der Bürgerladeninitiative Arroganz vor

Wie schwer es ist, sich für eine Seite zu entscheiden, wissen auch die Grünen. Hans Schmidt, Sprecher der Fraktion im Stadtrat, befürwortet einen Alternativstandort - will aber nicht mit den anderen Stadträten für ein Nein werben. Schmidt findet deren Argumentation nicht schlüssig: "Die führen an, dass der Stadt Mieteinnahmen von 100 000 Euro entgehen würden - aber wer würde die Räume denn schon mieten?", sagt Schmidt.

Für ihn ist entscheidend, dass es wegen der Grundsanierung noch zwei Jahre dauern würde, bis der Bürgerladen im Untermarkt 10 schließlich eröffnen könnte. Für Schmidt zu viel Zeit. Er versteht nicht, warum man der Stadt ein Geschäft "so lange verwehrt".

Sein Lösungsvorschlag: Ein Bürgerladen im ehemaligen Telekom-Geschäft mit weniger Verkaufsfläche und ein möglicher Umzug, wenn das Gebäude am Eck hergerichtet ist. Die Verhandlungen mit der Bürgerladen-Initiative aber hat der Sprecher der Grünen bisher nicht als fruchtbar empfunden: "Die sind sehr arrogant aufgetreten, haben den Kontakt mit dem Stadtrat lange abgewehrt."

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