Wolfratshausen:Wer Fasching will, muss reisen

In der Loisachstadt findet die fünfte Jahreszeit nur im Saal statt. Wer lieber Gaudi auf der Straße hat, muss nach Süden fahren.

Wolfgang Schäl

Wolfratshausen: Die Urzeln kommen: Ein uralter Brauch der Siebenbürger Sachsen.

Die Urzeln kommen: Ein uralter Brauch der Siebenbürger Sachsen.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Zuerst die schlechte Nachricht für alle, die sich in diesem kurzen Fasching schnell noch ins Vergnügen stürzen wollen: Der Rosenmontagsball der Kolpingfamilie, in Wolfratshausen das zentrale Ereignis der fünften Jahreszeit, ist wieder mal seit Wochen ausverkauft. Das ist umso betrüblicher, als die Stadt selbst vom Fasching wenig Notiz nimmt, in der Marktstraße ist jedenfalls offiziell nichts geplant, wie das Kulturamt mitteilt.

Wer wild entschlossen ist, sich zu Fasching ins närrische Treiben zu stürzen, muss sich also wohl oder übel ins Auto setzen. Denn südlich der Loisachstadt geht es auch auf den Straßen rund. Erste Station könnte Geretsried mit seinen schwarz gewandeten, lärmenden Urzeln sein. Danach weiter südwärts: In Bichl und Benediktbeuern werden heuer wieder Tausende auf den Beinen sein, um die beiden Faschingszüge zu erleben, nach dem üblichen Jahr Pause rüstet auch die "Kinschdarfer Maschkera" wieder auf.

Dass die Wolfratshauser auf den Themen-Wagen "ein begehrtes Fressen" sind, lässt der Vorsitzende der Maschkera, Dietmar Schilling, vorab schon mal anklingen - Stichworte, wen wundert's, sind Hallenbad und S-7-Verlängerung. Maximal 17 Wagen werden es sein, die sich am Faschingsdienstag pünktlich um 13.33 Uhr in Bewegung setzen, "mehr geht einfach nicht", versichert Schilling. Mehr Zuschauer und Autos bringe man nicht unter. Und so besonders lang ist die Ortsdurchfahrt ja auch nicht.

Immerhin ist den Faschingsgesellschaften im Landkreis die Penzberger Lösung erspart geblieben, derzufolge die Umzugswagen nur noch stationär bestaunt werden dürfen. Die Menge der behördlichen Vorschriften ist aber auch hier deutlich gestiegen. Die Reglementierungen werden von Jahr zu Jahr mehr, früher waren es zwei bis drei Seiten Papier, heute sind es nach Schillings Worten deren 16 bis 18. Und dies, ohne dass jemals etwas passiert wäre. Schließlich spreche man sich vorher ja immer genauestens mit der Geretsrieder Polizei ab.

Der Maschkera-Chef sieht die wachsende Zahl an Auflagen gleichwohl gelassen, denn mittlerweile seien eben einige Dinge vorgeschrieben, die aus seiner Sicht ohnehin selbstverständlich sind. So etwa, dass die Traktoren und Anhänger TÜV-geprüft sind und die Fahrer sich nur mit nullkommanull Promille ans Steuer setzen.

Drei Minuten früher als in Königsdorf und zwei Tage später als in Bichl fängt der Faschingszug in Benediktbeuern an, nämlich am Dienstag um 13.30 Uhr. Den Vorsitz der "Beira" Narren hat mittlerweile Christian Schmid übernommen, 15 Wagen sind es hier, außerdem Fußgruppen und drei Kapellen. Zwischen den Bichlern und Benediktbeurern gibt es Rivalitäten und Animositäten, die auch heuer zum Tragen kommen. "Die Nachbargemeinden werden nicht geschont", prophezeit Schmid, und das sei "noch nett ausgedrückt".

Zurück nach Wolfratshausen: Auch wenn sich der Fasching hier kaum noch auf der Straße abspielt, so gibt es doch zuverlässige, farbenfroh agierende Sendboten der fünften Jahreszeit: die rastlose Narreninsel mit ihren Prinzenpaaren und Gardeauftritten, Schlachtruf: "Du mi a." Eike I. und Melanie II. heißen heuer die erwachsenen Tollitäten, der Nachwuchs tritt mit Florian III. und Prinzessin Jamie-Lynn I. an, die nicht, wie man vermuten könnte, aus den USA importiert ist, sondern einheimischem Adel entstammt.

Die Narreninsel präsentiert sich von Gmund bis Planegg und von Dietramszell bis nach Geretsried. Sogar am Münchner Marienplatz sind sie zu bewundern: Zwei Auftritte stehen dort an, 80 bis 90 mal treten die Garden über den gesamten Fasching hin auf, eine große Belastung, wie der Narreninsel-Präsident Franz Hübler einräumt. "Ab dem unsinnnigen Donnerstag wird's brutal."

Das umso mehr, als die Kostüme so aufwendig sind. Die Aktiven sind mit dem Nähen und Trainieren monatelang beschäftigt. Mit der jedes Jahr wachsenden Zahl an Einladungen sieht man sich aber entschädigt: "Sie sind ein Zeichen dafür, dass wir gute Arbeit leisten", findet Hübler.

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