Wolfratshausen:Weihnachtsvergnügen mit Schuss

Eigentlich sollte es zwischen den Buden besinnlich zugehen, doch vor allem junge Besucher nutzen den Wolfratshauser Christkindlmarkt zum Besäufnis. Gastronomen sagen: So schlimm war es noch nie.

Matthias Köpf

An rund 60 Ständen haben am Wochenende auf dem Wolfratshauser Weihnachtsmarkt Kaufleute, Fieranten und Vereine das angeboten, was zum Sortiment solcher Märkte gehört: Christbaumschmuck und Socken, Bratwürste und Waffeln, Vogelhäuser und Karussellvergnügen. In mindestens jeder vierten Bude jedoch standen auch die großen, elektrisch beheizten Kessel, ohne die es am Weihnachtsmarkt längst auch nicht mehr geht:

Glühwein, Punsch und Bowle simmerten in den Bottichen, daneben stand meist eine Flasche mit Hochprozentigem für den richtigen "Schuss". Besonders am Freitagabend machten von diesen Angeboten so viele junge Besucher Gebrauch, dass noch am Wochenende deutliche Kritik am Weihnachtsmarkt als Massenbesäufnis laut wurde.

In einigen Höfen und Passagen entlang der Marktstraße roch es auch am Sonntag noch streng, denn nicht wenige Angetrunkene hatten diese Ecken zur umstandslosen Erleichterung genutzt. Kaufleute und Gastronomen klagten darüber, dass es mit dem Alkohol am Weihnachtsmarkt noch nie so schlimm gewesen sei wie am Freitag, und Cristallo-Wirt Maurizio Faganello hängte am Samstag nach den Erfahrungen vom Vorabend ein Schild in die Tür, dem zufolge die Benutzung seiner Toiletten seinen Gästen vorbehalten ist und ansonsten 50 Cent kostet.

Den Zustand, in dem eine nie abreißende Reihe ungebetener Besucher seine Toiletten hinterlassen habe, mag Faganello nicht beschreiben, "wirklich furchtbar" und ein angewidertes Gesicht müssen reichen.

In dem Eindruck, dass viele der angetrunkenen jungen Leute noch keine 16 Jahre alt waren, sind sich die meisten Beobachter einig. Überprüft habe das aber niemand - vor allem nicht an den Ständen, an denen sie sich selbst versorgt haben oder von älteren Freunden beliefert wurden. Das Wort von der "Facebook-Party" macht die Runde, von einem im Internet verabredeten Besäufnis.

Nachgeprüft hat das keiner, auf Facebook findet sich zumindest kein offensichtlicher Hinweis. Erst am Wochenende zuvor hatte ein Eintrag auf der Internet-Seite Hunderte Gäste zu einer Schüler-Party ins Café Abendblatt gelockt, was teils zu tumultartigen Szenen geführt hatte. Vielleicht haben auch die hohen Temperaturen zu dem ungeahnten Ansturm der Jugend auf den Weihnachtsmarkt beigetragen, sagt Faganello.

Stadträte wie er oder Fritz Schnaller, der am Freitag selbst einige Bierflaschenträger seiner Raritätenstube verweisen musste, überlegen nun, was die Stadt dagegen tun könnte, dass sich ihr Weihnachtsmarkt zu einem immer hochprozentigeren Ereignis verwandelt. Eine Möglichkeit sei, den Vereinen, denen die Stadt die Stände teils kostenlos überlasse, entsprechende Auflagen zu machen, sagt Schnaller.

Denn kräftig ausgeschenkt wird eben nicht nur von Gastronomen, sondern auch von vielen Vereinen samt Bergwacht, Rotem Kreuz und Sportclubs wie dem TSV Wolfratshausen und dem FC Weidach, die so mit kleinem Aufwand und großen Gewinnspannen ihre Kassen aufbessern.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: