Wegen Baumaßnahmen:Von der S-Bahn abgeschnitten

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Deutlich längere Fahrtzeiten für Pendler: Vom 19. Juni an fährt die S 7 nicht mehr nach Wolfratshausen - ganze drei Monate lang.

Konstantin Kaip

S-Bahn-Nutzer im Landkreis sollten sich Samstag, 19. Juni, rot im Kalender anstreichen. Denn von 0.30 Uhr an diesem Datum beginnt für sie eine strapaziöse Zeit, die erst am Montag, 13. September, einen Tag vor Schulbeginn, endet.

Zwischen Wolfratshausen und Großhesselohe werden umfangreiche Bauarbeiten durchgeführt - ab Sonntag, 15. August fährt die S 7 deshalb nur mehr bis nach Solln. (Foto: Robert Haas)

Wegen umfassender Bauarbeiten im südlichen Streckenabschnitt fährt die S 7 drei Monate lang nicht nach Wolfratshausen. Die Fahrgäste müssen auf Ersatzbusse umsteigen und längere Fahrzeiten in Kauf nehmen. Der Ickinger Bahnhof bleibt noch bis Ferienbeginn in Betrieb, danach ist der Landkreis den restlichen Sommer über praktisch von der S-Bahn nach München abgeschnitten.

Von August an steigen auch Fahrgäste aus Schäftlarn, Baierbrunn und Buchenhain auf Busse um. Dann fährt die S 7 nur bis Solln beziehungsweise Höllriegelskreuth, die Fahrtzeiten erhöhen sich mit dem Ersatzverkehr um bis zu 30 Minuten.

Die Bahn hat die Bauarbeiten in drei Abschnitte geteilt: Von Samstag, 19. Juni, bis Samstagnacht, 31. Juli, ist die Strecke zwischen Wolfratshausen und Icking gesperrt, die Fahrzeit verlängert sich um etwa 15 Minuten.

Von Samstag, 31. Juli, bis Sonntag, 15. August, fährt die S-Bahn nur bis zum Bahnhof Solln, Fahrgäste sollten bis zu einer halben Stunde mehr einrechnen. Zwischen Montag, 16. August, und Sonntag, 12. September, endet die S 7 in Höllriegelskreuth. Die maximale Fahrzeitverlängerung in dieser Zeit gibt die Deutsche Bahn mit 20 Minuten an.

"Wir haben frühzeitig überlegt, wie wir die Auswirkungen auf die Fahrgäste während der Bauzeit möglichst gering halten können", sagt der Technische Geschäftsleiter der S-Bahn München, Bernhard Weisser. Schließlich wolle man trotz der Einschränkungen zufriedene Kunden. So habe man den Schienenersatzverkehr langfristig geplant und die weitreichendsten Sperrungen bewusst in die Zeit der Sommerferien gelegt. Doch auch für diejenigen, die nicht in den Urlaub fahren und auf eine öffentliche Verkehrsverbindung nach München angewiesen sind, bleibe die "Reisekette geschlossen", versichert Weisser.

In den kritischen ersten beiden Augustwochen, in denen neun Bahnhöfe gesperrt sind, verkehrt ein Schnellbus zwischen Wolfratshausen und Solln. Mit einer Fahrzeit von 40 Minuten ist diese Direktverbindung 20 Minuten schneller ist als der gewöhnliche Schienenersatzverkehr, mit dem man von Wolfratshausen zum Münchner Hauptbahnhof laut Fahrplan eine Stunde und 23 Minuten benötigt. Vier Busse des Regionalverkehr Oberbayern (RVO) seien während der Bauarbeiten parallel im Einsatz, erklärt Weisser. Dazu gebe es einen jederzeit verfügbaren "Dispo-Bus" für eventuelle Zusatzfahrten.

Für Fahrgäste zwischen Icking und Wolfratshausen gibt es jedoch eine Unwägbarkeit: den Wolfratshauser Berg, der wegen Bauarbeiten noch bis Oktober halbseitig gesperrt ist. In der Info-Broschüre der Bahn zu den Fahrplanänderungen heißt es dazu lediglich: "Wegen Straßenbauarbeiten zwischen Icking und Wolfratshausen kann es zu Beeinträchtigungen kommen." Dieses Nadelöhr, an dem die Busfahrer nicht vorbeikommen, sei jedoch in dem Sonderfahrplan berücksichtigt worden, beschwichtigt Weisser. Genau 29 Minuten liegen laut Plan zwischen der Abfahrt des Busses in Wolfratshausen und der Abfahrt der S-Bahn in Icking. "Die Zeitverluste sind aufgrund bewährter Zahlen eingerechnet", erklärt Weisser. Erfahrungen habe man schließlich im Juli 2009 gemacht. Damals musste der Schienenersatzverkehr eine Woche lang die halbseitig gesperrte Serpentinenstraße mit Ampelregelung passieren, nachdem ein Murenabgang von einem Hang bei Schlederloh eine S-Bahn zum Entgleisen gebracht hatte.

Der instabile Hang, an dem das Gleis zwischen Icking und Wolfratshausen vorbeiführt, ist letztlich der Anlass für die nun anlaufende dreimonatige "Bündelbaustelle", wie Weisser sie nennt. Die bewachsene Steilwand, von der sich in der Vergangenheit immer wieder Muren gelöst haben, wird nun mit einer 400 Meter langen Stützmauer und einem zusätzlichen Auffangnetz gesichert. Bei der Planung habe man sich entschieden, gleich ein ganzes Bündel an Sanierungsmaßnahmen im südlichen Streckenabschnitt der S 7 durchzuführen, sagt Weisser. So werden zeitgleich unter anderem etwa zehn Kilometer Gleise, 20 Weichen und die Bahnbrücke an der Weidacher Hauptstraße in Wolfratshausen erneuert.

Etwa 16 Millionen Euro lässt sich das Unternehmen die umfangreichen Baumaßnahmen kosten, knapp sieben Millionen Euro davon entfallen auf die Hangsanierung. Man habe sich entschieden, das Geld "bewusst in Qualität zu investieren", sagt Weisser. So könnten etwa auf den neuen Weichen mit anderen Radien höhere Geschwindigkeiten erzielt werden. Am Ende werde das "lachende Auge überwiegen", ist der Geschäftsführer überzeugt. Die Sanierung werde den etwa 13000 Fahrgästen, die an einem durchschnittlichen Werktag die S-Bahn zwischen Wolfratshausen und Icking nutzen, künftig "verbesserte Fahrzeiten" bringen.

Bis dahin werden die Passagiere Geduld haben müssen, auch wenn alle, wie Weisser sagt, vom Ersatzverkehr "aufgefangen" werden. Man habe alle Faktoren berücksichtigt und Puffer eingeplant, beruhigt DB-Presseprecherin Bianca Piechaczek. "Jetzt heißt es beobachten." Sollte sich das Reiseverhalten der Fahrgäste ändern, seien "weitere Kapazitäten" vorhanden. Dies gilt jedoch nicht für Fahrräder, die in den Ersatzbussen aus Platzgründen nicht mitgenommen werden dürfen.

© SZ vom 15.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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