Wolfratshausen:Versäumnisse am Bergwald

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Mitglieder der Bürgervereinigung Wolfratshausen werfen Stadt und Bürgermeister vor, zu spät reagiert zu haben

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Hätte man die Erosion des Hanges im Bergwald verhindern können, die der Starkregen Anfang des Monats ausgelöst hat? Diese Frage steht im Raum, seit am 5. Juni tonnenweise Geröll den Burgweg hinuntergespült wurde, das für einen sechsstelligen Betrag entfernt werden musste - von einem Steilhang, der Stadtrat und Verwaltung als Gefahrenstelle lange bekannt war. So gab es denn auch bei der Monatsversammlung der Bürgervereinigung Wolfratshausen (BVW) nicht nur Lob für Bürgermeister Klaus Heilinglechner (BVW), Stadtwerke und Feuerwehr, weil sie noch am Tag des Unglücks, einem Sonntag, mit einer Grube am Plateau Gegenmaßnahmen ergriffen hatten. Es wurde auch Kritik laut, dass das nicht vorher passiert war.

"Man weiß lange genug, welche Mängel dort vorhanden sind", sagte etwa Fritz Koch. Dennoch sei die Verwaltung nicht bemüht gewesen, die notwendigen Schritte einzuleiten, um das Regenwasser, das sich auf dem undurchlässigen Lehmboden des Golfplatzes an der Hangkante sammelt, aufzufangen und abzuleiten. Zwar sei letztlich die Frauenkapelle und der gesamte Bergwalds bei dem Unwetter "mit einem blauen Auge davongekommen", fand Koch. Und immerhin sei nun "am Berg endlich was passiert". Die geschätzten 150 0000 Euro für die Beseitigung der Schäden hätte man sich jedoch sparen können, wenn man früher etwas unternommen hätte, schloss Koch. "Das verursacht Kosten, die nicht hätten sein müssen." Zumal die Erosion dort bereits zum dritten Mal vorkomme, "immer nach dem gleichen Muster".

Das bestätigte auch Dietlind Diepen. Sie wohne nun schon seit 48 Jahren direkt am Bergwald, sagte die ehemalige Stadträtin und Vorsitzende des Vereins "Lebendige Altstadt". Zwar wisse sie nicht mehr, wann zum ersten Mal das Wasser den Hang heruntergekommen sei. Seit einigen Jahren dokumentiere sie jedoch alle Schäden. "Das Wasser kommt alle zwei, drei Jahre", sagte sie. Inzwischen habe sie ihr Haus gesichert, unter anderem mit einem Wall. Vor drei Jahren habe sie eine Ortsbesichtigung mit Mitarbeitern der Stadtverwaltung gemacht, die dokumentiert hätten, wo sich das Wasser sammelt und wo es herab fließt. Schon damals habe man festgestellt, dass man mit kleinen Maßnahmen viel erreichen könne. Doch die Umsetzung habe bis nach dem Starkregenereignis gedauert. Immerhin habe die Stadt nun "hervorragende Maßnahmen" vorgenommen, um die Situation zu entschärfen, sagte Diepen. So gebe es einen Graben, der das Wasser bergseitig an der Kapelle vorbei leite. Außerdem verhinderten große Wackersteine, einzementiert an der Bergwaldbühne, dass das Wasser bis zur Kapelle gelange. Zudem würden Gullys und Sickerschächte einmal im Jahr gereinigt.

Diepen zog den Vorstoß der Stadträte Alfred Fraas (CSU) und Hans Schmidt (Grüne) hingegen in Zweifel. Diese hatten am Tag nach dem Murenabgang vorgeschlagen, einen Wall Richtung Westen auf dem Golfplatzgelände zu errichten, um das Wasser oberirdisch in den Rauschergraben zu leiten. Eine Alternative zum vom Stadtrat beschlossenen und inzwischen genehmigten Rückhaltebecken mit unterirdischer Ableitung. "Die Herren, die jetzt eine Patentlösung präsentiert haben, haben nur einen kleinen Abschnitt gesehen", sagte Diepen. Das Wasser aber komme "flächig aus der ganzen Wiese. Es fließt auf den Weg, sammelt sich und schießt nach unten." Sie mache "gerne mit jedem, der kommen will, eine Waldbesichtigung".

Heilinglechner, der an diesem Abend in München bei der Feier zum 60-jährigen Bestehen der Firma Weber war, konnte sich deshalb nicht äußern. Stattdessen ergriff der Fraktionsvorsitzende der BVW im Stadtrat, Josef Praller, das Wort. Der Stadtrat habe im Frühjahr das Rückhaltebecken einstimmig beschlossen, sagte er. Seitdem sei "eine lange Genehmigungsfrist verstrichen. Das ist für uns nicht nachvollziehbar", sagte Praller. "Wir gehen aber schwer davon aus, dass das Wasserwirtschaftsamt und das Landratsamt ihre Lehren gezogen haben und Wolfratshausen nicht mehr so hängen lassen bei der Situation da oben im Bergwald", schloss er.

© SZ vom 27.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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