Wolfratshausen:Standort, Sanierung, Investor

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Das geplante Bürgerladen-Gebäude im Untermarkt gehört der Stadt. (Foto: Pöstges)

Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Projekt, das zum Streitobjekt wurde

Von Matthias Köpf, Wolfratshausen

Der geplante Wolfratshauser Bürgerladen ist innerhalb weniger Monate vom lokalpolitischen Konsensprojekt zum Streitobjekt geworden, über das nun die Bürger selbst entscheiden sollen. Die SZ hat die wichtigsten Fragen und Antworten zusammengestellt.

Was ist der Bürgerladen?

Das Konzept für den Bürgerladen orientiert sich an Dorfläden wie dem in Gelting. Er soll die Versorgungslücke schließen, die sich in der Altstadt mit dem Aus der Tengelmann-Filiale vor einem Jahr aufgetan hat. Er ist genossenschaftsähnlich organisiert. Bisher haben rund 300 Bürger Anteile gezeichnet und so ein Startkapital von etwa 100 000 Euro aufgebracht.

Gibt es einen anderen Standort für den Bürgerladen als den Untermarkt 10?

Nach Ansicht der Bürgerladen-Gruppe und des Bürgermeisters nicht. Man benötige mindestens 160 Quadratmeter reine Verkaufsfläche, um neben den nötigsten Standard-Waren auch regionale und Bio-Produkte anbieten zu können, mit denen sich höhere Einnahmen erzielen lassen. Auch sind Nebenräume nötig, um förderbedürftigen Menschen einen Arbeitsplatz bieten zu können, was dem Laden Zuschüsse einbrächte. Eine Fläche in der nötigen Größe sei in der Altstadt sonst nicht zu bekommen. Entgegen früheren Angaben kalkuliert die Gruppe mit einer ermäßigten Miete, wie sie von privaten Eigentümern nicht zu erwarten ist. Mehrere Stadträte halten das aber für eine unerwünschte bis unerlaubte Subvention auf Kosten der Stadt und zu Lasten privat geführter Geschäfte. Zudem zweifeln sie an der Kalkulation und sehen andere mögliche Flächen.

Was würde die Sanierung des Hauses kosten und wer würde sie bezahlen?

Nach der jüngsten Kostenberechnung wären etwa 730 000 Euro plus oder minus 30 Prozent nötig - also im schlechtesten (und wahrscheinlichsten) Fall 950 000 Euro. Bezahlen müsste die Stadt als Eigentümerin. Die staatliche Städtebauförderung bietet für die Sanierung einen Zuschuss von 60 Prozent an - aber nur, wenn die Stadt mit einem Bürgerladen die Nahversorgung sichert und dafür eine reduzierte Miete verlangt. Weil die Stadt in den vergangenen 25 Jahren nur 25 000 Euro in ihr Haus investiert hat und nicht alle Nebenkosten voll förderfähig sind, würde sich der Beitrag der Städtebauförderung auf etwas weniger als die Hälfte belaufen. Die Stadt müsste etwa 480 000 Euro aufbringen. 460 000 Euro haben die Stadträte längst genehmigt, weil sie die Immobilie unabhängig vom Bürgerladen für dringend sanierungsbedürftig hielten. Zuletzt hat die Bürgerladen-Gruppe auf einen Teil der beanspruchten Räume verzichtet - zugunsten eines Ausstellungsraums für Bilder des Malers Felix Bockhorni. Die Stadt hat diese sowie 140 000 Euro für ihre Präsentation geerbt. Die Hoffnung ist, dass ein Teil der Summe in die Sanierung fließen kann.

Was ist, wenn der Laden scheitert?

Die Städtebauförderung ist auf 20 Jahre ausgelegt und bliebe an den Zweck der Nahversorgung gebunden. Scheitert der Bürgerladen in dieser Zeit und findet die Stadt keinen anderen Nahversorger als Mieter, müsste sie - vermutlich anteilig nach Jahren - Fördergeld zurückzahlen. Die Bürgerladen-Gruppe ist aber davon überzeugt, ab dem vierten Jahr Gewinne zu machen. Ihr Berater Wolfgang Gröll hat nach eigenen Angaben die Gründung von etwa 120 Dorf- und Bürgerläden begleitet. Wieder schließen müssen hätten bisher nur drei davon.

Fände die Stadt einen privaten Investor? Sie hätte es jedenfalls nicht leicht. Wenn sich das Geschäft für einen Investor lohnen soll, müsste er der Stadt wenig Pacht zahlen und von ihr zugleich sehr viel Miete für das Heimatmuseum in den oberen Etagen verlangen. Rentabel wäre die Investition für ihn also nur auf Kosten der Stadt. Zudem wollen Investoren bei den aktuell niedrigen Zinsen lieber zwei oder drei Jahrzehnte Kredite abzahlen und dann Eigentümer sein, als auf lange Sicht (üblicherweise 33, 66 oder 99 Jahre) Erbpacht zu zahlen und danach das Haus an die Stadt zurückgeben zu müssen.

© SZ vom 27.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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