Wolfratshausen:SPD streitet über Bürgerladen

Zweiter Bürgermeister Fritz Schnaller spricht sich gegen das Projekt aus - und wirft Ortschef Hans Gärtner Unwissenheit vor.

Von Pia Ratzesberger, Wolfratshausen

Hans Gärtner ist die Situation "überhaupt nicht angenehm", das sagt er gleich zu Beginn. Während seine Parteikollegen aus dem Stadtrat mit Plakaten gegen den Bürgerladen Stimmung machen, die hohen Sanierungskosten anprangern und die entgehenden Mieteinnahmen, hält der SPD-Ortsvorsitzende nach wie vor an dem Eingangsplan fest: Er will einen Bürgerladen im Untermarkt 10, ein Lebensmittelgeschäft in der Altstadt. Der Laden nämlich sei ein soziales Projekt, das allen Wolfratshausern zugute komme und "kein x-beliebiges kommerzielles, zu dem es die Stadträte jetzt degradieren".

Wolfratshausen: Ortschef Hans Gärtner.

Ortschef Hans Gärtner.

(Foto: hap)

Auf den Plakaten in der Stadt prangen 16 Räte mit ihrem Namen, sie geben eine Wahlempfehlung für den Bürgerentscheid am kommenden Sonntag ab, sie wollen ein Nein zum Bürgerladen durchsetzen - auch alle Stadträte der SPD.

Hans Gärtner kritisiert, dass die Räte in ihrer Argumentation Dinge vermischten, die eigentlich auseinander gehörten. 820 000 Euro Sanierungskosten etwa könne man nicht kommentarlos 320 000 Euro entgehenden Mieteinnahmen gegenüberstellen, wie auf den Plakaten geschehen. Saniert werden müsse das Haus ohnehin, geht das Gebäude an einen privaten Investor müsste die Stadt für die Räume des geplanten Heimatmuseums Miete zahlen. "Da hat noch keiner ausgerechnet, wie viel das kosten würde", sagt Gärtner. Zudem findet er bedenklich, dass es im Stadtrat irgendwann nur noch um die Entscheidung Bürgerladen oder Städtebauförderung gegangen sei - dabei findet der Ortsvorsitzende, könne man auch darüber nachdenken, den Bürgerladen ohne Städtebauförderung auf den Weg zu bringen und ihn damit möglicherweise zu geringeren Kosten als den bisherigen 820 000 Euro zu sanieren. "Es ist generell ein Problem, dass öffentliche Bauvorhaben oft teurer sind als private, darüber müssten wir auch abseits des Bürgerladens reden", sagt Gärtner. Ihm falle es nicht leicht, in der Öffentlichkeit so klar von der Fraktionslinie abzuweichen, betont er immer wieder, schließlich "hält man normalerweise zusammen".

Wolfratshausen: Zweiter Bürgermeister Fritz Schnaller .

Zweiter Bürgermeister Fritz Schnaller .

(Foto: Hartmut Pöstges)

Der zweite Bürgermeister aber, Fritz Schnaller (SPD), hat mit solchen Konfrontationslinien weniger ein Problem. "Sie sind das Wesen einer Demokratie", sagt er. Die konträren Auffassungen hätten ihm zufolge auch damit zu tun, dass er als Stadtrat nun einmal Verantwortung für die Finanzen der Stadt habe - im Gegensatz zu dem SPD-Ortsvorsitzenden Hans Gärtner, der diese Verantwortung als Kommunalpolitiker nicht inne habe. Zudem sei Gärtner wohl "nicht hinreichend informiert", wirft Schnaller seinem Parteikollegen vor. Der zweite Bürgermeister will nun den Sonntag und das Ergebnis der Bürger abwarten, danach setze man sich mit der Bürgerladen-Initiative zusammen und bespreche, wie es weitergehe. "Es ist alles gesagt worden", sagt Schnaller.

Auch wenn er und Hans Gärtner schon wissen, wo sie am Sonntag ihr Kreuz setzen werden - Letzterer hält die Wolfratshauser dazu an, sich gut zu überlegen, für was sie abstimmen. Denn auch wenn Gärtner weiter auf einen Bürgerladen am Untermarkt hofft, habe es keinen Sinn, dass alle nur für Ja plädieren, um dem "Stadtrat eins auszuwischen", sagt er. Und dann aber niemand im Bürgerladen einkaufe.

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