Wolfratshausen:Platteln mit Pumps

Lesezeit: 2 min

Die nouWell Cousines und SZ-Bairisch-Kenner Hans Kratzer begeistern das Publikum beim Benefizabend zugunsten des SZ-Adventskalenders in der Loisachhalle.

Von Wolfgang Schäl

Nach Hans Kratzers Dialekt-Kurs zeigten die nouWell Cousines einen Schuhplattler. (Foto: Manfred Neubauer)

Das Bairische ist selbst für Eingeweihte eine Sprache mit allerlei Tücken und Untiefen, mit viel Hintersinn, eigener Grammatik und einem trockenen, bärbeißigen Humor. Um mit Ludwig Thoma zu sprechen: "Mia Bayern san manchmoi ruppig und grob, aba mia moanas aa aso." Einen kundigen Lotsen, der mit sicherer Hand zwischen all diesen Klippen hindurchsteuert, fanden mehr als 100 Gäste am Mittwochabend in der Loisachhalle - sie waren der Einladung zur Benefizveranstaltung zugunsten des SZ-Adventskalenders gefolgt und ließen sich von Hans Kratzer, SZ-Redakteur und Kolumnist ("Kratzers Wortschatz"), in die Geheimnisse des weiß-blauen Idioms einweihen.

Es war eine höchst vergnügliche Lehrstunde, denn den sprachlichen Teil der Lektion ergänzten kongenial die nouWell Cousines - das sind neben Alexander Maschke die beiden längst bühnenreifen jungen Gewächse aus der Familie Well, Maria und Maresa, die eigentlich Maria Theresa heißt. Der Alex sei zwar keine Cousine, aber mitspielen dürfe er schon, ließen Maria und Maresa gnädig wissen.

Wer noch immer der Biermösl Blosn nachtrauert - hier steht schon die nächste Generation der legendären Well-Sippe auf den Brettern: virtuos, springlebendig, selbstbewusst und auf eine höchst sympathische Art durch und durch bayerisch. Als habe es dazu noch eines Beweises bedurft, legten die Cousinen am Ende auf hochhackigen Pumps einen Schuhplattler hin, der jedem Gautrachtentag zur Ehre gereicht hätte. Allzu oft könne man das nicht machen, bekannten die beiden anschließend, man ruiniere sich ja sonst die Schuhe. Neben den rein bayerischen Elementen - Zwiefachen, Gstanzln und Klapphornversen - haben die Cousinen auch Klassisches und Folkloristisches im Repertoire. Ebenso virtuos, ebenso authentisch.

SZ-Adventskalender für gute Werke
:Zum Niederknien!

Beim Benefizkonzert zugunsten des SZ-Adventskalenders lotst Kolumnist Hans Kratzer durch die bairische Sprache. Die nouWell Cousines bezaubern mit Cello, Geige und Akkordeon - und einer überraschenden Einlage.

Von Isabel Meixner

Lehrreich und amüsant waren Kratzers grammatikalische Betrachtungen beispielsweise zum bairischen "Konjunktiv der Höflichkeit" ("Da Kaminkehrer wär da"), zur doppelten bis mehrfachen Verneinung ("Bei uns hod no koana koa Bier ned bstellt") und zur Verwendung von Präpositionen. In diesem Punkt gingen die Meinungen im Publikum etwas auseinander: Fährt man von Wolfratshausen aus nach Minga eini, fährt man von Minga aus in die Berg eini? Oder geht beides?

Höllisch aufpassen muss ein nicht ganz versierter Bayer bei Beschimpfungen: Ein "gwamperter Uhu" beispielsweise ist ein zwar dicker, aber wohlgelittener Mitmensch, ganz im Gegensatz zur "gwamperten Sau". Beim "Uhu" handele es sich um eine durchaus reversible Zustandsbeschreibung, wie Kratzer anhand des füllig gewordenen Ex-Tennisstars Boris Becker erläuterte. Das mit der Sau hingegen sei eindeutig beleidigend. Einen eher milden Spott enthält das Wort "Krautleffe" - die Bezeichnung für den einst notleidenden Wolfratshauser.

Vollends in den fremdsprachlichen Bereich schließlich führen Sätze wie dieser: "Wannst an Bleamestock net giaßt, na dadiadada" - ein nicht ausreichend gegossener Blumenstock wird dir verdorren. Dass das Bairische zum Selbstzweck gerät oder gar ins Folkloristisch-Lächerliche gezogen wird, mag Kratzer bei alledem nicht. Unlängst sei bei einer TV-Talksendung ein Gast mit bairischer Sprachfärbung kritisiert worden, und das könne nicht angehen.

Weil Kratzer auch mit Fallbeispielen bayerisch-derben Humors nicht sparte ("Oiso, wann alle Stricke reißn, na häng i mi auf"), waren am Ende des Abends alle guter Dinge: Das Publikum ebenso wie die Spendenverwaltung der Aktion Adventskalender, den die SZ heuer zum 65. Mal in Angriff nimmt. Die erste Sammlung erbrachte im Jahr 1949 einen Betrag von 1282 Mark, mittlerweile sind 115 Millionen Euro zusammengekommen, wie SZ-Ressortleiterin Nina Bovensiepen mitteilte. Es sei eine Summe, mit der man einer riesigen Zahl von Bedürftigen habe helfen können. Zu den vielen Spendern zählt auch die Sparkasse Bad Tölz-Wolfratshausen, die mit ihrem Vorstandsvorsitzenden Walter Obinger beim Benefiz vertreten war, das sie seit Jahren finanziell fördert.

© SZ vom 22.11.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: